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Marine Zeugen des Anthropozäns

Erde|Umwelt

Marine Zeugen des Anthropozäns
Beppu-Bucht
Blick auf die Beppu-Bucht in Japan. © Yokoyama et al.

Wann begann das Anthropozän, das moderne Zeitalter, in dem wir Menschen die Erde massiv beeinflussen? Eine Voraussetzung, den Beginn eines neuen Erdzeitalters zu bestimmen, sind nachweisbare geologische Veränderungen. Eben solche menschengemachten Veränderungen haben Forscher nun in Meeressedimenten der japanischen Beppu-Bucht identifiziert: Dort haben Atomtests der 1950er- und 60er-Jahre ihre radioaktiven Spuren hinterlassen. Abgleiche mit Korallen von einer nahegelegenen Insel ermöglichten eine exakte Datierung. Das Projekt ist Teil internationaler Forschungsbemühungen, einen global gültigen Referenzpunkt für den Beginn des Anthropozäns festzulegen.

Gemäß der aktuell gültigen Einteilung der Erdzeitalter leben wir im Holozän, das vor rund 12.000 Jahren mit dem Ende der letzten Eiszeit begann. Den Beginn eines neuen Erdzeitalters bestimmen Wissenschaftler traditionell anhand von Merkmalen in Gesteinsschichten, die auf gravierende Umweltveränderungen hinweisen. Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Forschung mit der Frage, ob unser modernes Zeitalter, in dem wir Menschen massiven Einfluss auf die Gestalt der Erde nehmen, als neues Erdzeitalter definiert werden sollte. Seit dem Jahr 2000 ist dafür der Begriff „Anthropozän“ gebräuchlich – das Zeitalter des Menschen.

Definition eines neuen Zeitalters

Doch wie lässt sich der Beginn dieses Zeitalters definieren? Um diese Frage zu klären, hat sich eine internationale Arbeitsgruppe gebildet, die den Beginn des Anthropozäns und einen verlässlichen geologischen Marker dafür festlegen soll. „Die Mehrheit der Arbeitsgruppe befürwortet die Verwendung von Plutonium-Isotopensignalen in geologischen Proben als Marker, da die Werte in den 1950er Jahren stark angestiegen sind und aufgrund von oberirdischen thermonuklearen Bombentests weit verbreitet waren“, erklärt ein Team um Yusuke Yokoyama von der Universität Tokio in Japan.

Yokoyama und seine Kollegen haben nun mit einer Kombination von Methoden gezeigt, dass sich die Spuren der Atombombentests zuverlässig in der Beppu-Bucht im Südwesten Japans nachweisen lassen. „Die Bucht von Beppu ist eines von mehreren Gebieten im Pazifik, in denen sich in den Sedimenten, die sich auf dem ruhigen Meeresboden ablagern, gut erhaltene Spuren der menschlichen Einflüsse auf die Umwelt finden“, sagt Yokoyama. „Unsere Aufgabe war es, eindeutige Hinweise auf Plutonium-Fallout aus den 1950er Jahren bis 1963 zu finden, als die Tests weitgehend eingestellt wurden.“

Spuren von Atomtests in Korallen und Meeressediment

Tatsächlich fanden er und sein Team in den Meeressedimenten der Beppu-Bucht eindeutige Hinweise auf Plutonium aus den Atomtests. Ein Problem bei Sedimentproben ist allerdings, dass die Datierung nicht präzise genug möglich ist. „Deshalb haben wir zusätzlich Korallenskelette von der Insel Ishigaki, südwestlich von Okinawa, gesammelt, die Plutonium-Fallout enthielten“, erklärt Yokoyama. Ähnlich wie Bäume bilden Korallen Jahresringe, die eine große historische Präzision erlauben – allerdings weniger Informationen enthalten als Sedimente. Deshalb entschieden sich die Forscher, beide Methoden zu kombinieren. „Durch den Vergleich von Sedimenten und Korallen können wir die Signaturen, die wir in den Sedimenten sehen, genauer datieren“, so Yokoyama.

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Auf diese Weise konnte sein Team den Fallout der amerikanischen Atombombentests im Pazifik von 1954 sowohl in Korallen als auch im Sediment identifizieren. Dank der Korallen als Referenzpunkt konnten sie auch die entsprechende Sedimentschicht präzise zuordnen und auch weitere chemische Signaturen, die nur im Sediment und nicht in den Korallen zu finden waren, mit demselben Jahr in Verbindung bringen. „Diese Arbeit ist nicht nur wichtig, um die Definition des Anthropozäns zu festigen“, sagt Yokoyama. „Die erfolgreiche Anwendung unserer Methode bedeutet zudem, dass sie auch zur Verbesserung von Ozean- und Klimamodellen oder sogar zur Erforschung vergangener Tsunamis und anderer geologischer Gefahren eingesetzt werden könnte.“

Quelle: Yusuke Yokoyama (University of Tokyo, Japan) et al., Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-14179-w

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