Bei Männern mit Diabetes ist die Qualität der Spermien schlechter als bei gesunden Männern, zeigt eine kleine Studie nordirischer Forscher: Die Erbsubstanz in den Keimzellen der Zuckerkranken weist signifikant mehr Schäden auf, wiesen die Wissenschaftler beim Vergleich des Spermas von 27 Diabetikern mit dem von 29 gesunden Freiwilligen nach. Ob dieser Unterschied jedoch die Fruchtbarkeit der Männer beeinträchtigt, können sie noch nicht sagen. Ähnliche DNA-Schäden waren allerdings bereits in früheren Studien mit einem erhöhten Risiko für Fehlgeburten in Zusammenhang gebracht worden.
Auf den ersten Blick habe es bis auf eine abweichendes Volumen keine deutlichen Unterschiede zwischen den Spermaproben der beiden Gruppen ? den Diabetikern und den Kontrollprobanden ? gegeben, so die Forscher: Die Konzentration der Spermien, ihre Beweglichkeit und ihr Aussehen stimmten nahezu überein. Als die Wissenschaftler jedoch die Erbsubstanz der Keimzellen analysierten, fanden sie bei den Diabetikerproben sowohl in der DNA der Spermienzellkerne als auch in der DNA der
Mitochondrien, der Kraftwerke der Zellen, klare Abweichungen. So war der Anteil fragmentierter Erbsubstanz in den Kernen der Diabetikerkeimzellen mehr als eineinhalbmal so hoch wie bei der Kontrollgruppe. Auch die Anzahl der Fehlstellen in der Mitochondrien-DNA lag mit drei bis sechs bei den Zuckerkranken höher als bei den gesunden Probanden, bei denen die Forscher zwischen einer und vier Fehlstellen nachwiesen.
Die Schäden müssen nicht in jedem Fall zu Einbußen bei der Fruchtbarkeit führen, da die weibliche Eizelle einen Teil der Fehler ausgleichen kann, erklären die Wissenschaftler. Allerdings hätten frühere Studien bereits gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der DNA-Fragmentation und dem Risiko für Fehlgeburten gibt, und im Tierversuch beeinträchtige Diabetes eindeutig die männliche Fruchtbarkeit. „Es handelt sich hier zwar um eine einzelne und zudem ziemlich kleine Studie, doch sie zeigt ein mögliches Problem auf“, kommentiert Sheena Lewis, eine der Autorinnen, die Ergebnisse. Es müssten nun weitere, umfassendere Studien folgen, um die tatsächlichen Auswirkungen und die Ursache der Spermienschäden aufzuklären. Das sei besonders im Zuge der weltweit steigenden Diabetikerzahlen wichtig, so die Wissenschaftler.
Diabetiker leiden häufig an sexuellen Problemen wie Potenzstörungen, einer Abnahme der Lust oder Störungen beim Samenerguss. Diese tragen ebenfalls zu einer im Durchschnitt verminderten Fruchtbarkeit der Betroffenen bei.
Ishola Agbaje (Queen’s University, Belfast) et al.: Human Reproduction, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1093/humrep/dem077 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel