Vorerfahrung und Erwartungen prägen den Geschmack
In ihrer Studie wollten die Forscher nun prüfen, inwieweit auch das Gewicht und Aussehen von Besteck unsere Wahrnehmung von Essen beeinflussen kann. In ihrem ersten Experiment ging es um Größe und Gewicht: Die Probanden sollten jeweils einen Klecks Joghurt mit einem von fünf verschiedenen Löffeln probieren und dann die Dichte, Qualität und Süße des Joghurts bewerten sowie denjenigen benennen, den sie am liebsten mochten. Zur Auswahl standen dabei zwei Teelöffel und zwei Esslöffel aus Plastik, von denen jeweils einer mit einem unsichtbaren Gewicht im Griff künstlich beschwert war. Der fünfte Löffel bestand ebenfalls aus Plastik, sah aber so aus, als wäre er aus Edelstahl oder Silber.
Das Ergebnis: Passte das Gewicht nicht zur Erwartung der Probanden – war er zu schwer für einen Plastiklöffel – bewerteten sie den Joghurt als wässriger und qualitativ schlechter. Das widerspricht auf den ersten Blick vorherigen Studien, nach denen Essen aus einer schweren Steingutschale positiver bewertet wurde als aus einer leichten Plastikschüssel. Aber beides zusammengenommen spreche dafür, dass nicht das absolute Gewicht die entscheidende Rolle spiele. “Stattdessen scheint die Erwartung, die wir an das Material und sein Gewicht haben, das Ausschlaggebende zu sein”, so die Forscher. Ähnliches gelte auch in Bezug auf die Größe des Bestecks: Die Probanden empfanden den mit den Teelöffeln probierten Joghurt durchgängig als süßer als den von einem Esslöffel. Da Teelöffel typischerweise für Desserts oder zum Umrühren süßer Getränke genutzt werden, scheint auch hier die Vorerfahrung und Erwartung den Geschmack zu prägen.
Kontrast macht süß, Messer macht salzig
Wie aber sieht es mit der Farbe des Bestecks aus? Das testeten Harrar und Spence mit roten, blauen, grünen, weißen und schwarzen Plastiklöffeln. Auf jedem wurde einmal ein weißer Joghurt und einmal ein rosafarbener gereicht. Das Ergebnis hier: Am süßesten bewerteten die Probanden den weißen Joghurt auf weißem Löffel, der rosafarbene Joghurt schnitt dagegen weniger gut ab. Umgekehrt schmeckte ihnen der weiße Joghurt auf dem schwarzen Löffel am wenigsten süß. Die Farben dazwischen ergaben in punkto Süße keine großen Unterschiede. Nach Ansicht der Forscher zeigt dies, dass bei Farben vor allem der Kontrast zwischen dem Essen und dem Besteck den Geschmack beeinflusst.
In einem dritten Experiment ging es um die Form des Bestecks: Die Probanden bekamen ein Stück milden oder scharfen Käse entweder mit einem Messer, einem Zahnstocher, einer Gabel oder einem Löffel gereicht. Interessanterweise empfanden die Versuchsteilnehmer die Käsestückchen am salzigsten, die sie mit dem Messer aßen, wie die Forscher berichten. Ihrer Ansicht nach gibt es gleich zwei mögliche Erklärungen dafür: Einerseits gilt vom Messer essen normalerweise als tabu, das ungewöhnliche Verhalten könnte daher den Geschmack beeinflusst haben. Andererseits wird an Käsetheken ein Probierstück oft mit dem Messer gereicht – und diese Vorerfahrung könnte ebenfalls die Intensität des Geschmacks verändern.
“Schon bevor das Essen in unserem Mund landet, hat unser Gehirn schon ein Urteil darüber gefällt – und das beeinflusst unser Geschmackserlebnis”, erklären Harrar und Spence. Selbst subtile Veränderungen wie Größe, Farbe oder Gewicht des Bestecks oder des Geschirrs können bestimmen, wie angenehm, wie sättigend oder wie würzig eine Mahlzeit schmeckt. Wichtig zu wissen ist das nicht nur für das perfekte Dinner: Es könnte auch dabei helfen, beispielsweise salzärmer zu essen oder weniger, so die Forscher.