In Biofilmen schützen sich Bakterien nicht nur durch eine Schleimschicht gegen Fressfeinde, sondern setzen sich auch aktiv zur Wehr. So produzieren bestimmte Meeresbakterien in Gegenwart von Artgenossen neben der für Biofilme typischen schützenden Schleimschicht einen chemischen Abwehrstoff, der angreifende Einzeller lähmen und sogar töten kann, hat ein internationales Forscherteam herausgefunden.
Das Leben in Biofilmen bietet Bakterien eine Vielzahl von Vorteilen. So kommt es zu Wechselwirkungen zwischen den Bakterien, die beinahe mit denen mehrzelliger Organismen vergleichbar sind. Die Bakterien können Hungerphasen besser überstehen und der Biofilm bietet nicht zuletzt Schutz vor Feinden. Bisher gingen Forscher jedoch davon aus, dass Biofilme rein als physikalische Barriere dienen. Deswegen waren sie überrascht, als sie eine Art chemischen Kampfstoff bei den Meeresbakterien fanden, den nur Bakterien in Biofilmen bilden. „Offenbar bauen Bakterien nicht nur eine Wagenburg, sie schießen auch zurück“, erklärt Carsten Matz vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung.
Die Forscher fanden bei dem Meeresbakterium Pseudoalteromonas tunicata ein lilafarbenes Pigment, sogenanntes Violacein. Dieser Farbstoff besitzt auch eine toxische Wirkung. So werden die einzelligen Feinde der Bakterien wie zum Beispiel das häufig vorkommende Geißeltierchen Cafeteria roenbergensis beim Versuch, diese zu fressen, sofort gelähmt. Außerdem aktiviert Violacein das natürliche Selbstmordprogramm der Zellen und tötet sie dadurch.
Vor allem in Krankenhäusern sind Biofilme krankheitserregender Keime ein schwerwiegendes Problem, denn weder mit Antibiotika noch mit Desinfektionsmitteln lassen sie sich wirkungsvoll bekämpfen. Wissenschaftler fragen sich schon lange, warum menschliche Immunzellen nichts gegen die Biofilme ausrichten können. Das System der Meeresbakterien könnte dabei als Modellsystem für das menschliche Immunsystem dienen. Die Forscher sehen durch ihre Ergebnisse Biofilme jedoch mit ganz anderen Augen. So könnten Abwehrstoffe wie Violacein als Vorbild für die Entwicklung neuer Medikamente gegen einzellige Parasiten dienen, die unter anderem für die Schlafkrankheit oder Malaria verantwortlich sind.
Carsten Matz (Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, Braunschweig) et al.: PLoS ONE, Bd. 3, S. e2744 ddp/wissenschaft.de ? Uwe Thomanek