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Mikroplastik jetzt auch in Speisefischen

Fische und Schnecken in Nord- und Ostsee verseucht

Mikroplastik jetzt auch in Speisefischen
Mikroplastik
Mikroplastik-Partikel aus dem Meerwasser (Foto: Alfred-Wegener-Institut)
Unser Plastikmüll bedroht immer mehr Tiere im Meer. Wie sich jetzt zeigt, wird das Mikroplastik in Nord- und Ostsee längst auch von Speisefischen und Meeresschnecken gefressen. So trugen bis zu 30 Prozent aller untersuchten Makrelen Plastikreste im Darm. Heringe scheinen dagegen weniger anfällig.

Wir müllen die Ozeane zu: Schon jetzt treiben rund fünf Billionen Kunststoffpartikel in den Meeren der Welt – und jedes Jahr kommen acht Millionen Tonnen Plastikmüll hinzu. Dieser Zivilisationsmüll verrottet nicht, sondern verwittert nur – und auch das nur langsam. Als Folge bleibt das Plastik über Jahre im Wasser und wird durch Sonnenlicht, Wind und Wellen in immer kleinere Fragmente zersetzt.

Es gibt heute so gut wie kein Meeresgebiet mehr, in dem sich nicht schon Mikroplastik im Wasser nachweisen lässt. Erst vor kurzem haben Biologen prognostiziert, dass bald 99 Prozent aller Seevögel mit ihrer Nahrung Plastikreste verschlucken werden. Der Tod durch zu viel Plastik im Bauch könnte vielen dieser Tiere dann drohen.

Vor allem Makrelen sind betroffen

Jetzt haben Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes (AWI) in Bremerhaven untersucht, ob und wie viel Plastik sich in gängigen Speisefischen der Nord- und Ostsee finden lässt. Dafür analysierten sie den Verdauungstrakt und Mageninhalt von 290 Makrelen, Flundern, Heringen, Dorschen und Klieschen aus diesen Meeresregionen. Eine weitere Gruppe fahndete nach Mikroplastik im Darm einer weiteren wichtigen Gruppe von Ozeanbewohnern: den Meeresschnecken.

Das Ergebnis: Heringe scheinen zumindest zu bestimmten Jahreszeiten keine Plastikpartikel aufzunehmen. Dafür fressen Makrelen offenbar umso mehr davon: Je nach Meeresregion hatten zwischen 13 und 30 Prozent dieser Fische Mikroplastik im Bauch. Damit verschlucken Makrelen deutlich häufiger Mikroplastikpartikel als in Bodennähe lebende Fischarten wie Flunder und Kliesche.

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Plastikfasern mit Beute verwechselt

„Die Ursache dafür liegt vermutlich im Fressverhalten der Fische”, sagt Studienleiter Gunnar Gerdts. „Bei vielen Mikroplastikpartikeln gehen wir davon aus, dass die Tiere die in der Wassersäule treibenden Fragmente ganz zufällig bei der Futtersuche mit aufgenommen haben. Anders sieht es bei einer Vielzahl der Plastikfasern aus, die wir vor allem bei den Makrelen gefunden haben. Vermutlich haben die Fische sie für Beute gehalten.”

Der Grund: Die Fasern treiben oft in relativ hoher Dichte an der Wasseroberfläche. Sie ähneln dann in Form und Farbe frisch geschlüpften Seenadeln, auf die Makrelen wiederum gern Jagd machen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Fischarten, die an der Wasseroberfläche oder in den oberen Schichten nach Fressbarem suchen, eher Gefahr laufen, Plastik zu verschlucken, als andere”, so Gerdts.

Ob und wie das Mikroplastik den Fischen schadet, ist bisher allerdings kaum bekannt. In einigen Fällen war das Leiden der Tiere für die Forscher deutlich sichtbar: „Bei einem der untersuchten Kabeljaue fanden wir ein etwa 50 Zentimeter langes Gummiband im Magen”, berichtet Gerdts. “Das Tier konnte es nicht wieder ausspucken, war körperlich schon gezeichnet und wäre vermutlich auf lange Sicht verhungert.”

Algen, garniert mit Mikroplastik

Und vom Mikroplastik betroffen ist auch eine weitere wichtige Gruppe von Meerestieren: die Meeresschnecken. Das zeigt eine Studie an der Gemeinen Strandschnecke Littorina littorea, die entlang der Küsten lebt und dort Algen frisst. Vor Helgoland ernährt sie sich beispielsweise vom Blasentang, der dort entlang der Felsküsten wächst.

„Unsere Experimente zeigten, dass Mikroplastikpartikel besonders gut auf der strukturierten und klebrigen Oberfläche des Blasentangs haften”, berichtet Lars Gutow vom AWI. Und mit dem Tang fressen die Schnecken dann auch das Mikroplastik. “Das heißt: Wir müssen auch die Gruppe der marinen Pflanzenfresser in den Kreis der durch Mikroplastik betroffenen Tierarten mit aufnehmen”, sagt der Forscher. Bisher hatten sich Meeresforscher bei der Suche nach gefährdeten Arten vor allem auf jene Organismen konzentriert, die für die Nahrungsaufnahme den Meeresboden durchwühlen oder Meerwasser filtrieren.

Allerdings können zumindest die Schnecken das aufgenommen Mikroplastik auch wieder loswerden, wie die Untersuchung ergab: „Die Schnecken besitzen in ihrem Magen eine komplexe Sortiereinheit. Diese sortiert mithilfe zahlloser Wimpernhärchen Partikel ab einer bestimmten Größe wieder aus”, erklärt Gutow. Das allerdings gilt sicher nicht für alle Algenfresser des Meeres – und erst recht nicht für die Fische.

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

© natur.de – Nadja Podbregar
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