Fluchen erhöht die Schmerztoleranz. Sowohl Männer als auch Frauen halten Schmerz länger aus und empfinden ihn als weniger schlimm, wenn sie dabei Schimpfwörter ausstoßen, zeigt eine britische Studie. Weil durch Fluchen Schmerz oft übertrieben dargestellt wird und der Schmerz schwerer erscheint, als er ist, erwarteten die Forscher eigentlich den gegenteiligen Effekt, nämlich dass Schimpfwörter das subjektive Schmerzempfinden steigern.
Mit einem einfachen Test maßen die Forscher die Schmerztoleranz ihrer Probanden. 67 Teilnehmer, davon 38 Männer und 29 Frauen, mussten ihre Hand solange wie möglich in einen Behälter mit fünf Grad kaltem Wasser halten, während sie ein selbst gewähltes Schimpfwort repetierten. In einem zweiten Versuch hielten sie wieder ihre Hand ins Wasser, diesmal jedoch mit einem neutralen Wort auf den Lippen, das ein einfaches Objekt beschreibt. Bei jedem Versuch maßen die Forscher den Puls und die Schmerzempfindung der Teilnehmer. Unter Flüchen konnten die Probanden ihre Hand länger im Eiswasser halten und empfanden den Schmerz als weniger schlimm. Die Wissenschaftler stellten jedoch Unterschiede zwischen den Geschlechtern fest: Bei Frauen nahm die Schmerzempfindung deutlich stärker ab, wenn sie fluchten, und ihr Puls stieg stärker an.
Die genaue Verbindung zwischen Fluchen und erhöhter Schmerztoleranz ist den Forschern zwar noch nicht klar, sie vermuten aber, dass Fluchen einen natürlichen Mechanismus zur Verteidigung oder Flucht auslöst. Während solcher Reaktionen wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Der erhöhte Puls beim Fluchen erhöht möglicherweise die Bereitschaft zu Aggressivität, die dabei hilft, Schwächen im Zusammenhang mit Schmerz herunterzuspielen. „Fluchen ist ein jahrhundertealtes Phänomen. Es ist sogar ein nahezu universelles menschliches Phänomen. Fluchen scheint in der rechten Hirnhälfte verankert zu sein, und es schein Areale zu aktivieren, die Emotionen steuern“, sagt Stephens. Fluchen löst jedoch nicht nur emotionale, sondern auch körperliche Reaktionen aus, belegen nun die neuen Ergebnisse.
Richard Stephens (Universität in Keele) et al.: Neuroreport, doi:10.1097/WNR.0b013e32832e64b1 ddp/wissenschaft.de ? Stefanie Strauch