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Nächtlicher Bremseffekt auf Brände schwindet

Klimawandel

Nächtlicher Bremseffekt auf Brände schwindet
Immer häufiger bieten auch die Nächte Wald- und Buschbränden günstige Entwicklungsbedingungen. © Xp33gt/iStock

Immer häufiger brennt es länger und intensiver: Einen wichtigen Faktor bei der Zunahme der weltweiten Bedrohung durch Wald- und Buschbrände zeigt nun eine Studie auf: Die wärmeren und trockeneren Nächte im Zuge des Klimawandels befeuern demnach buchstäblich den Trend. Aus Satellitendaten geht dabei hervor, dass die Intensität von nächtlichen Bränden in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Zudem zeichnen sich in den gefährdeten Regionen häufiger die entsprechend brandfördernden Bedingungen in der Nacht ab. Feuerwehrleute müssen sich somit wohl immer mehr auf Rund-um-die-Uhr-Einsätze einstellen, sagen die Forscher.

Verheerende Flammenmeere, die Wälder- und Buschlandschaften in Asche legen und auch auf Siedlungsbereiche übergreifen: In den letzten Jahren haben bekanntlich besonders viele und heftige Brände verschiedene Regionen der Erde heimgesucht. Ökosysteme und menschliche Existenzen gingen dadurch in Flammen auf und zudem wurde viel zuvor gebundener Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt. Die Verschärfung der Bedrohung durch Brände wird dabei vor allem auf den Klimawandel zurückgeführt. Denn höhere Temperaturen und Dürren begünstigen bekanntlich die Entstehung, Ausbreitung sowie Intensität von Bränden.

Die wichtige Rolle der Nacht

Die Medien präsentieren uns auch teils dramatische Bilder von den verzweifelten Einsätzen der Feuerwehrleute: Häufig gelingt es ihnen dabei nicht, die heftigen Brände unter Kontrolle zu bringen. Dabei wird jedoch oft dem Tag mehr Aufmerksamkeit geschenkt – wenn die Brände am intensivsten wüten. Die Nacht wird hingegen weniger beachtet, betonen die Forscher um Jennifer Balch von der University of Colorado in Boulder. Dieser Zeit kommt ihnen zufolge allerdings eine erhebliche Bedeutung zu. Denn nachts können die meist kühleren und feuchteren Bedingungen Brände verlangsamen oder sogar manchmal ganz zum Erlöschen bringen. Ein bekannter Effekt des Klimawandels ließ die Forscher allerdings vermuten, dass die Bedeutung der Nacht als Bremsfaktor schwinden könnte: Die Nächte haben sich in den letzten Jahrzehnten im Vergleich zu den Tagen deutlich intensiver erwärmt.

Um der Frage genauer nachzugehen, wie sich dies auswirken könnte, haben Balch und ihre Kollegen einen analytischen Blick aus dem All auf die Erde geworfen: Ihre Ergebnisse basieren hauptsächlich auf Auswertungen von Satellitendaten zu Bränden in verschiedenen Regionen der Erde. In ihnen spiegeln sich nicht nur Informationen über die nächtliche Feueraktivität wider, sondern auch über die Bedingungen, die dabei eine Rolle spielen. Konkret geht es dabei um das sogenannte Dampfdruckdefizit (Vapor Pressure Deficit, VPD). Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen der tatsächlichen Feuchte der Luft und der Wassermenge, die sie aufnehmen kann, wenn sie gesättigt ist. Wenn der VPD-Wert relativ niedrig ist, ist die Luft kühl und feucht – ist er hingegen hoch, ist die Luft heiß und trocken – es liegen somit eher brandfördernde Bedingungen vor.

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Nachts lodert es immer mehr

Wie die Forscher berichten, zeichneten sich in ihren Datenauswertungen über zehntausende von Brandereignissen in der ganzen Welt ab: Die Intensität nächtlicher Feuer hat zwischen 2003 und 2020 unterm Strich um 7,2 Prozent zugenommen. Dabei sind Regionen sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel der Erde betroffen – einschließlich Europas. Besonders drastisch war die Zunahme allerdings im Westen der USA, wo Brände bekanntlich besonders intensiv gewütet haben. Dort hat die nächtliche Brandintensität in den letzten 20 Jahren sogar um 28 Prozent zugenommen, berichten die Wissenschaftler.

Im Rahmen ihrer Studie zeigten sie nun auch einen VPD-Grenzwert auf, über dem sich Brände nachts offenbar besonders gut entwickeln können. Der Satellitenblick auf die Entwicklung der brandfördernden Bedingungen in der Nacht ergab dabei: Seit 1979 ist in einem Fünftel der brandgefährdeten Gebiete der Welt eine Woche mit Feuer-begünstigenden Nachtbedingungen im Jahr hinzugekommen, berichten die Wissenschaftler. Besonders betroffen war dabei erneut der Westen der USA – dort sind es elf Nächte mehr im Jahr als früher. „Die Nacht ist die kritische Zeit für die Verlangsamung eines sich beschleunigenden Feuers – doch die nächtlichen Bremsen der Brände versagen nun immer häufiger“, resümiert Balch die Bedeutung der Studienergebnisse.

Sie und ihre Kollegen befürchten, dass dieser Trend auch weiter anhalten wird: Durch den vom Menschen verursachten Klimawandel hat sich die Nacht in den letzten Jahrzehnten deutlich stärker erwärmt als der Tag – und dies wird wohl auch so weitergehen. „Mit der anhaltenden nächtlichen Erwärmung erwarten wir noch mehr Brände, die intensiver, größer ausfallen und sich schneller ausbreiten“, sagt Balch. Abschließend gilt ihre Aufmerksamkeit dabei den Menschen, die mit dem Problem an vorderster Front zu kämpfen haben: „Das bedeutet, dass die Feuerwehrleute nachts nicht mehr die Ruhepausen haben, die sie früher hatten – sie müssen rund um die Uhr gegen die Flammen kämpfen“, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: University of Colorado, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-021-04325-1

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