Nach den Ergebnissen von Ursula Verfuß und ihren Kollegen ist die Futtersuche jedoch nicht die einzige Funktion des Schweinswalsonars. Die Wissenschaftler hatten ihre Testwale, ein Männchen und ein Weibchen, darauf trainiert, auf ein bestimmtes Signal hin ihr Freilandbecken einmal der Länge nach zu durchqueren. Dabei wurden die Wale von den Forschern mithilfe von Kameras und Unterwassermikrophonen beobachtet. Das Ergebnis: Obwohl das Wasser vollkommen klar war und es definitiv keine Beutetiere gab, sandten die Tiere regelmäßig ihre Klicklaute aus. Je näher sie dabei ihrem Ziel, dem Ende des Beckens kamen, desto schneller folgten die kurzen Rufe hintereinander ? ein deutliches Zeichen dafür, dass sie sich auf ein bestimmtes Objekt konzentrierten.
Die Schweinswale fixieren bei ihren Ausflügen bestimmte Referenzpunkte wie auffällige Felsen oder andere Landmarken mit ihrem Sonar und orientieren sich daran, schließen die Forscher. Bei längeren Wegen scheinen sie sich dabei nicht nur an einem Objekt, sondern nach und nach an mehreren zu orientieren. Möglicherweise hat sich das Echolotsystem bei den Walen demnach genau wie bei Fledermäusen in zwei Stufen entwickelt: Zuerst wurde es ausschließlich für die räumliche Orientierung genutzt und erst später auf den Beutefang angepasst.
Die Untersuchung des Schweinswalsonars ist besonders deswegen von Interesse, weil die Tiere sich immer wieder in Fischernetzen verfangen und daher mittlerweile in Nord- und Ostsee stark dezimiert sind. Mit einer genaueren Kenntnis der Funktion des Orientierungssystems könnten die Netze beispielsweise so markiert werden, dass die Wale sie besser wahrnehmen können.
Ursula Verfuß (Universität Tübingen) et al.: Journal of Experimental Biology, Bd. 208, S. 3385