Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Neue Hoffnung bei Malaria

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Neue Hoffnung bei Malaria
Malaria ist nach wie vor eine der bedrohlichsten Infektionskrankheiten. Jetzt zeigt ein neu entwickelter Impfstoff erste Erfolge in klinischen Studien – er könnte in Zukunft das Leben vieler Menschen retten. Der Wirkstoff regt die Bildung von Antikörpern an, die den Befall der Leber durch die Erreger verhindern.

Sie ist nach wie vor eine der schlimmsten Bedrohungen für die Bewohner der Tropen: Die Infektionskrankheit Malaria hat gerade in ärmeren Ländern noch nichts von ihrem Schrecken verloren. Hunderte Millionen Menschen sind infiziert, und jedes Jahr sterben über eine Million an den Folgen der Infektion. Doch nun haben Wissenschaftler der PATH Malaria Vaccine Initiative (MVI), an der Wissenschaftler aus den USA, Afrika, England, Frankreich, Russland und anderen Staaten beteiligt sind, einen ersten aussichtsreichen Kandidaten im Kampf gegen die Krankheit gefunden: eine Impfung, die in Studien bereits einen Schutz von über 50 Prozent vor Infektionen und dem Ausbruch der Krankheit gezeigt hat.

Echte Euphorie will unter den Wissenschaftlern jedoch noch nicht aufkommen: „Finanzierungsprobleme, die Weitläufigkeit Afrikas und die hohe Anzahl der betroffenen Menschen stellen große Hürden dar“, betont der Tropenmediziner Frank Mockenhaupt von der Charité Berlin. Bereits vor mehr als zwanzig Jahren hatten Forscher mit ihrer Arbeit an dem Mittel gegen den Erreger Plasmodium falciparum begonnen, der von der Anophelesmücke durch einen Stich übertragen wird. Das Resultat, ein Impfstoff namens „RTS,S“, wurde jetzt von einem internationalen Forscherteam getestet.

„Es enthält ein Antigen der Malaria-Plasmodien“, erklärt der Infektionsepidemiologe Jürgen May vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg gegenüber ddp. Solche Antigene sind Moleküle, auf die das Immunsystem mit der Bildung von Abwehrstoffen, den Antikörpern, reagiert. Diese Antigene werden für den Impfstoff künstlich unschädlich gemacht und können so keine Krankheit mehr auslösen. Dadurch lernt das Immunsystem, den Erreger P. falciparum zu erkennen – nur so kann es ihn auch in Zukunft zerstören.

Das Besondere: Die Antikörper greifen die einzelligen Erreger in ihrem frühesten Entwicklungsstadium an, in dem sie als Sporozoiten bezeichnet werden. Nur wenige Dutzend dieser Erreger gelangen bei einem Stich in den Blutstrom, von wo aus sie nach etwa einer halben Stunde die Leber erreichen. „Dort angelangt, vermehren sich die Erreger explosionsartig. Selbst ein Wirkstoff mit 99,9 Prozent Trefferquote würde dann zu viele der gefährlichen Plasmodien nicht erkennen“, sagt May. Daher ist es wichtig, die Erreger unschädlich zu machen, bevor sie die Leber erreichen.

Anzeige

In mehreren Phasen mit freiwilligen Versuchspersonen haben die Forscher das Präparat immer wieder auf Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit getestet. Dabei erreichte die Impfung bei Kindern zwischen fünf und 17 Monaten bereits einen 53-prozentigen Schutz vor dem Ausbruch der Krankheit. Dieser Schutz hielt durchschnittlich acht Monate lang an. Kindern, die jünger als ein Jahr sind, bietet der Impfstoff sogar einen bis zu 65-prozentigen Schutz vor Neuinfektionen. Da die Substanz zusammen mit anderen Schutzimpfungen eingesetzt werden kann, könnte das Präparat im Rahmen des Schutzimpfungsprogrammes EPI der Weltgesundheitsorganisation verwendet werden, erläutert Jürgen May.

Trotz dieser Erfolge ist der Impfstoff kein Allheilmittel – und auch nicht die ersehnte Wunderwaffe gegen die Krankheit. Denn eine lebenslange Immunität erreicht man mit der Impfung nicht. Wer von einer Anophelesmücke gestochen und infiziert wird, entwickelt zwar Antikörper gegen den Erreger, sofern er die erste Erkrankung überlebt. Doch diese sogenannte Semi-Immunität wird nur durch wiederholte Neuinfektionen aufrechterhalten, erklärt May. „Etwa 60 bis 70 Prozent der erwachsenen Bewohner in betroffenen Gebieten tragen den Erreger in sich, ohne erneut zu erkranken“, erläutert der Wissenschaftler. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Impfstoff, durch den zwar eine Semi-Immunität erreicht wird, die jedoch nach einer bestimmten Zeit wieder verlorengeht, wenn nicht nachgeimpft wird.

Neben diesen medizinischen Herausforderungen bremste lange Zeit vor allem der Mangel an Forschungsgeldern die Entwicklung von Impfstoffen. Da die Malaria hauptsächlich in den ärmsten Ländern der Welt auftritt, ist das Produkt einer Malariaimpfung kommerziell wenig interessant. Erst in den vergangenen zehn Jahren fand ein Stimmungswechsel statt. Heute unterstützen Institutionen wie die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung die Entwicklung von Medikamenten und fördern so die Forschung auf einem ansonsten wirtschaftlich nicht sonderlich interessanten Gebiet, freut sich Tropenmediziner Mockenhaupt über die positive Entwicklung.

Der Impfstoff ist jedoch nicht die einzige Hoffnung der Mediziner – auch an anderen Fronten im Kampf gegen die Krankheit gibt es Erfolge. So verkündete die Weltgesundheitsversammlung in ihrem World Malaria Report 2008 eine Verringerung der Zahl der Neuinfizierten und der damit verbundenen Todesfälle um 50 Prozent in sieben afrikanischen Ländern. In diesen Regionen zeigt die Kombination von Schutzmaßnahmen wie Moskitonetzen, Insektiziden und Medikamenten Wirkung.

Nach wie vor sind jedoch genaue Studien, große Summen und die weitere Verbesserung der Medikamente notwendig, um die Bedrohung durch die Malaria wirkungsvoll zu reduzieren. Der neue Impfstoff könnte einen wertvollen Beitrag dazu leisten. „Ein Schutz von 50 Prozent ist ein beachtlicher Erfolg, es ist jedoch noch ein steiniger Weg, bis die Krankheit eingedämmt werden kann“, lautet Mays Fazit zu den aktuellen Studien.

ddp/wissenschaft.de – Stefan Pröll
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Rechts|staat|lich|keit  〈f. 20; unz.; Rechtsw.〉 rechtsstaatliche Beschaffenheit

Po|ly|te|tra|flu|or|äthy|len  auch:  Po|ly|tet|ra|flu|or|äthy|len  〈n. 11; Abk.: PTFE〉 für die Raumfahrt entwickelter, auch in der Industrie verwendeter, gegen Chemikalien u. hohe Temperatur beständiger Kunststoff, Teflon®, Hostaflon … mehr

♦ Ar|thro|se  〈f. 19; Med.〉 degenerative Gelenkerkrankung [<grch. arthron … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige