In Deutschland leidet jeder zehnte regelmäßig daran. Das ist vor allem unangenehm und beschwerlich. Gefährlich für die Gesundheit ist das Leiden hingegen nur in Ausnahmefällen. Manchmal entzündet sich die verätzte Schleimhaut der Speiseröhre oder es kommt zu Blutungen. „Ein Fortschreiten zum Speiseröhrenkrebs tritt nach dem heutigen Stand der Wissenschaft sehr selten auf“, erklärt Karel Caca, Ärztlicher Direktor am Klinikum Ludwigsburg, gegenüber ddp.
Dennoch fühlen sich viele Patienten mit Sodbrennen so unwohl, dass sie sich behandeln lassen. „Die Standardtherapie erfolgt mit Medikamenten, so genannten Protonenpumpenhemmern. Diese Stoffe unterdrücken die Produktion der Magensäure“, erklärt Caca. In der Regel werden die Tabletten gut vertragen, allerdings müssen sie lebenslang eingenommen werden. „Es gibt Patienten, die das nicht wollen, und einige, die trotz Arzneimitteln nicht frei von Beschwerden sind und schließlich sehr wenige, die wegen seltener Nebenwirkungen auf eine andere Behandlungsmethode zurückgreifen müssen“, weiß Caca.
Als Alternative bietet sich eine Operation an. Bei diesem Eingriff wird der Übergang zwischen Magen und Speiseröhre künstlich verengt. Hierbei wird ein Teil des Magens um die Mündung der Speiseröhre genäht. „Das Gewebe vernarbt an der operierten Stelle. Das ist ein chirurgischer Eingriff, der allerdings schwer rückgängig gemacht werden kann“, meint Caca. Etwa 85 Prozent der operierten Menschen sind mit dem Ergebnis hinterher zufrieden. Indes beobachten die übrigen 15 Prozent keine Besserung oder haben sogar neue, teils hartnäckige Beschwerden.
Schonender und sanfter für den Patienten ist die Operation mit einem neuen speziellen Operations-Endoskop, mit dem sich das Sodbrennen auf eine völlig neue Art und Weise behandeln lässt. Das Gerät wird als Plicator bezeichnet. Es gleicht einem simplen, daumendicken Schlauch, der am Ende zu einem Bogen geformt ist. Der Arzt schiebt das Gerät über den Mund des betäubten Patienten in die Speiseröhre. Das Instrument verbirgt in seinem Inneren in Wahrheit sowohl Nähmaschine als auch zwei Greifärmchen und eine Kamera. An jener ausgeleierten Passage zwischen Magen und Speiseröhre treten diese Werkzeuge aus dem Schlauch hervor. Zunächst packt der winzige Arm ein Stück Magenwand und klappt sie zu einer Falte. Dann wird die Falte mit einem Kunststofffaden abgenäht. Ein letzter prüfender Blick auf die Bilder der Kamera und fertig ist der neue Verschluss zwischen Magen und Speiseröhre. Die abgesteppte Gewebefalte dient künftig als Damm gegen die Säure.
In den vergangenen Monaten wurde das neue minimalinvasive Verfahren weltweit an 159 Patienten getestet. Neben zehn amerikanischen Zentren waren zwei Kliniken in Europa an der Studie beteiligt darunter Cacas Team in Ludwigsburg und zuvor in Leipzig sowie eine zweite Forschergruppe in Brüssel. „Die Ergebnisse sind sehr ermutigend: Bei allen Patienten waren die Nähte nach drei Monaten erhalten. 60 Prozent kamen gänzlich ohne Medikamente aus, bei allen besserten sich die Beschwerden. Es stieg weniger und auch seltener Magensäure in die Speiseröhre“, freut sich Caca. Mitte November wurden die Resultate auf einem Gastroenterologen-Kongress in den USA vorgestellt. „Noch ist es allerdings zu früh zu sagen, dass es ein perfektes Verfahren wäre. Dazu fehlen Langzeitdaten“, räumt Caca ein. Diese erwartet er in etwa zwei Jahren, wenn die 159 Probanden abschließend untersucht sind.
Unterdessen wird das Verfahren bereits weiterentwickelt. Erneut werden Patienten mit Sodbrennen an der Klinik in Ludwigsburg sowie an den internationalen Partnerkliniken für eine Studie ausgewählt. Dieses Mal soll die Bauchfalte nicht nur mit einer einfachen Naht, sondern mit einer doppelten Naht fixiert werden. Davon erhoffen sich die Mediziner, den künstlichen Wulst noch passgenauer zu formen.
Dennoch steht für Caca schon jetzt fest, dass die neue minimalinvasive Methode weder die Medikamente noch die herkömmliche Operation gänzlich verdrängen wird. Fachkollegen wie Karl-Hermann Fuchs von der Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie der Frankfurter Diakonie-Kliniken sehen das ähnlich: „Ich glaube, die neue Technik wird ihren Platz bei der Behandlung leichterer Refluxerkrankungen finden. Bei schweren Fällen ist der Plicator überfordert.“