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Nicht mit Frau Preda!

Ein rumänisches Dorf kämpft gegen einen Fracking-Konzern

Nicht mit Frau Preda!
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Bauer in Rumänien
Die US-Firma Chevron sucht im Nordosten Rumäniens nach Erdgas. Dafür bohrt der Konzern Löcher in den Boden und verlegt Kabel – im Auftrag der Regierung, aber ohne Erlaubnis der Eigentümer und Bewohner der Grundstücke. Doch die lassen sich das nicht gefallen. Ein Gastbeitrag von Silviu Mihai von ostpol.de

Auch der orthodoxe Priester von Bacesti versuchte, den Ereignissen auf den Grund zu gehen. Von dem Priester in der Nachbarstadt Barlad, Vasile Laiu, erfuhr er, dass es sich bei den Löchern und Kabeln, die nicht nur in Bacesti gefunden worden waren, um ein Bohrprojekt des US-Konzerns Chevron handelte. Chevron suche im Boden nach Schiefergas, das nur durch Fracking, also ein hydraulisches Aufbrechen des Gesteins, gefördert werden könne. Die Bohrarbeiten seien eine Gefahr für das in der Gegend knappe Grundwasser.

Geschlossen dagegen

Vasile Laiu hatte schon 2012 eine Gruppe aus Ingenieuren, Rechtsanwälten und Geistlichen gegründet, die ein Ende der Bohraktionen und Klarheit forderten. Viele Menschen in den Dörfern schlossen sich an. Als sich die Kommunalverwaltungen weiterhin weigerten, Akten öffentlich zu machen, riefen Laiu und seine Gruppe zu Protesten auf.

Ende Oktober rückte Chevron schließlich mit Baggern in Pungesti, einem Nachbardorf von Bacesti, an. Bewohner und Geistliche blockierten die Straße. Nach einem Telefonat mit Premier Ponta schickte der Präfekt von Vaslui mehrere Polizeieinheiten, um den Zugang zu den Grundstücken des Unternehmens frei zu machen. Die Bilder von Polizisten, die Gewalt gegen Bauern und Priester anwenden, riefen eine landesweite Welle der Empörung hervor. Schließlich versprach Chevron, die Bohrarbeiten in Pungesti bis auf weiteres einzustellen. „Die Sicherheit und Akzeptanz der Arbeiten muss erst gewährleistet werden“, teilte das Unternehmen mit.

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„Das war ein Sieg für unsere Umweltbewegung. Wir sind stolz darauf, weil wir gezeigt haben, dass sich nicht nur Studenten und Akademiker in Bukarest eine andere Politik wünschen“, erklärt Priester Laiu. In Rumänien wächst schon länger eine Umweltbewegung heran, die immer mehr Gewicht bekommt. Erst im Sommer verhinderten Umweltschützer mit Dauer-Demonstrationen ein umstrittenes Goldbergbauprojekt im Ort Rosia Montana. Die Proteste hatten europaweit für Aufmerksamkeit gesorgt, und gelten als Zeichen für wachsendes politisches Engagement in der von Korruption und Vetternwirtschaft geprägten rumänischen Politik. „Wir haben gezeigt, dass auch die Menschen in den Dörfern sich mobilisieren lassen. Der Kampf geht weiter“, sagt Laiu.

Wiederholungstäter aus dem Ausland

Das Chevron-Projekt zeigt, wie Konzerne zusammen mit der Regierung in Rumänien über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden. Bereits 2011 hatte Chevron für 30 Jahre eine Lizenz für Aufschlussbohrungen im gesamten Nordosten Rumäniens erhalten. Andere Unternehmen wie der österreichische Gaskonzern OMV hatten unter früheren Regierungen ähnliche geheime Lizenzen für weitere Regionen bekommen. Es sei ein übergeordnetes Ziel der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik, die Abhängigkeit vom russischen Erdgas auf ein Minimum zu reduzieren, argumentiert Staatspräsident Traian Basescu.

Studien belegen, dass die Förderung von Schiefergas eine erhebliche Gefahr darstellt. Eine einzige Bohranlage verbraucht laut Chevron rund 35.000 Liter Wasser am Tag. Die Zusammensetzung der Flüssigkeit, mit der das Gestein aufgebrochen werden soll, ist geheim, obwohl die Chemikalien ins Grundwasser gelangen könnten.

In vier Dörfern im Landkreis Vaslui, darunter auch in Bacesti, hatten die Bürgermeister Probebohrungen bewilligt. Nach ersten Tests, die meist ohne Einwilligung der Grundstückbesitzer durchgeführt wurden, kaufte die Prospectiuni SA, Chevrons rumänisches Partnerunternehmen, einige Parzellen in diesen Kommunen. „Wir haben versucht, die Menschen zu überzeugen, auf keinen Fall das Land zu verkaufen. Meistens waren wir erfolgreich, aber es gab Ausnahmen“, sagt Priester Vasile Laiu.

Der Artikel ist bei ostpol, dem Osteuropa-Magazin, erschienen.

7869-silviu-mihai.jpg Zum Autor

Silviu Mihai arbeitet als freier Journalist und pendelt ständig zwischen Berlin und Osteuropa. Er studierte Politik und Philosophie in Bukarest und Budapest, dann arbeitete er als Redakteur bei mehreren rumänischen Tageszeitungen und Nachrichten-Webportalen. Seit 2009 berichtet und produziert er Nachrichtenbeiträge für das Berliner Korrespondentenbüro des öffentlichen amerikanischen Radiosenders National Public Radio (NPR). Seit März 2010 ist er Mitglied und Osteuropa-Korrespondent bei n-ost. Seine Hintergrundberichte und Reportagen, vor allem über Themen aus Rumänien und Ungarn, erscheinen in vielen deutschsprachigen Publikationen.

Foto: Fotolia/Ciaobucarest; ostpol

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