Zebrafinkenweibchen schieben gern das eine oder andere Ei fremden Weibchen unter und ersparen sich so die mühevolle Aufzucht des eigenen Nachwuchses. Das haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen herausgefunden. In jedem fünften Nest der in Kolonien brütenden Vögel entdeckten die Wissenschaftler ein fremdes Ei. Legen die Weibchen ein Ei in ein fremdes Nest, gehen sie sehr gezielt vor und warten ab, bis die Eltern kurz vor Beginn der Bebrütung stehen, berichten Holger Schielzeth und Elisabeth Bolund.
Für ihre Studie bestimmten die Forscher mit genetischen Verfahren bei allen Eiern einer Volierenkolonie, wer die jeweiligen biologischen Eltern des darin heranwachsenden Kükens waren. Dabei zeigte sich, dass etwa jedes zwanzigste Ei von fremden Eltern stammte. Meist waren es bestimmte Weibchen, die sich darauf spezialisiert hatten, anderen Vogelmüttern ihre Eier unterzuschieben. Doch ganz auf die Aufzucht eigener Jungen verzichteten diese so genannten Brutparasiten nicht: Sie überließen immer nur einen Teil ihres Nachwuchses der Fürsorge anderer Vogelmütter.
Als entscheidend für den Erfolg dieser Kuckuckseier erwies sich das Timing der Eiablage im fremden Nest: Die Vögel beginnen meistens gleich nach der Ablage des ersten oder zweiten Eies mit dem Brüten. Genau dann muss auch das “Kuckucksei” ins Nest gelegt werden, denn sitzen die fremden Eltern erst einmal auf ihrem Nest, gibt es kaum mehr Gelegenheit, unbemerkt weitere Eier unterzubringen. Zu früh darf das fremde Ei jedoch auch nicht in das Nest der Kuckuckseltern gelangen, denn dann besteht die Gefahr, dass die Brut aufgegeben wird. “Das zeigt, dass die “Kuckucks”-Weibchen gezielt vorgehen und den Brutbeginn bei den Nachbarn gut im Blick haben”, erklärt Holger Schielzeth, Erstautor der Studie.
Besonders groß ist der Bruterfolg mit dieser Kuckucks-Strategie dennoch nicht, fanden die Wissenschaftler außerdem heraus: Nur ungefähr ein Drittel der Eier wird letztlich tatsächlich von den Wirtseltern bebrütet, erklärt Schielzeth. So haben die Weibchen, die den Brutparasitismus betreiben, insgesamt nicht wesentlich mehr Nachkommen als ihre Artgenossinnen, die sich ausschließlich selbst um den Nachwuchs kümmern.
Holger Schielzeth und Elisabeth Bolund (Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen): Animal behaviour, doi 10.1016/j.anbehav.2010.03.006 ddp/wissenschaft.de – Ulrich Dewald