Das Medikament Ivermectin könnte laut den Wissenschaftlern um Brian Foy von der State University Colorado die dringend benötigte neue Waffe gegen die Malariaerreger sein. Das Mittel sei in der Lage, die Übertragungskette von Malariainfektionen zu unterbrechen, berichten die Forscher auf dem jährlichen Treffen der Amercian Society of Tropical Medicine and Hygiene (ASTMH) in Philadelphia.
Das Team unterzieht Ivermectin derzeit einem Praxistest im westafrikanischen Burkina Faso. In vier Dörfern bekommt ein Großteil der Einwohner seit einigen Monaten alle drei Wochen eine Dosis des Medikaments verabreicht. In der Region kommt es immer wieder zu schweren Malariaausbrüchen, größtenteils ausgelöst durch Plasmodium falciparum. Typisch für eine Infektion ist unter anderem hohes Fieber. Insbesondere bei kleinen Kindern kann die Krankheit dadurch schnell einen ernsten Verlauf nehmen und zu Koma und Tod führen. Dank Ivermectin seien Malariaepisoden bei Kindern jedoch um 16 Prozent zurückgegangen, so das Zwischenfazit. „Wir erwarten in den nächsten Monaten einen weiteren Rückgang der Fieberausbrüche”, sagt Studienleiter Foy. „Insbesondere in der kommenden Regenzeit, wenn die Übertragungen üblicherweise einen Höhepunkt erreichen.”
Erfolg gegen blutsaugende Überträger
In der Vergangenheit wurde Ivermectin erfolgreich gegen parasitäre Würmer, sogenannte Helminthen, eingesetzt. Sie sind vor allem in Afrika, Südasien sowie Mittel- und Südamerika verbreitet und übertragen teils schwerwiegende Erkrankungen. Zu den gefürchtetsten Infektionen gehören die Flussblindheit und Elephantiasis, die aufgrund ihrer auffallenden Symptome auch „Elefantenmann-Syndrom” genannt wird: Sie entstellt die Betroffenen durch riesige Schwellungen und verursacht schlimme Schmerzen. Anfang des Monats wurden die beiden Entdecker von Ivermectin, William C. Campbell und Satoshi Ōmura, mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Die Weltgesundheitsorganisation will mithilfe des Medikaments Elephantiasis und die Flussblindheit bis 2020 ganz ausrotten.
Malariainfektionen kann das Medikament der aktuellen Studie zufolge zwar nicht heilen. Es kann aber das Auftreten von Infektionen reduzieren, indem es die fortlaufende Übertragung von Plasmodium-Parasiten durch Stechmücken erschwert. Denn saugen Moskitos Blut von Menschen, die Ivermectin einnehmen, sterben sie entweder sofort oder werden zumindest stark geschwächt.
Schutz in der Herde
Um die Übertragungskette von Malaria nicht nur zu verlangsamen, sondern ganz zu unterbrechen, müssten möglichst viele Bewohner in einem Dorf oder einer Stadt Ivermectin einnehmen, betont Foy. Nur dann treffe das Medikament auch viele Mücken. Und nur dann seien auch jene geschützt, die das Mittel nicht einnehmen dürfen. Im Praxistest bekam ein Großteil der unter fünf Jahre alten Kinder Ivermectin nicht, ebenso wie Schwangere und stillende Mütter. Doch sie profitierten von einem Schutz durch die Gruppe, ähnlich wie bei einer Herdenimmunität durch hohe Impfraten.
Das Potenzial von Ivermectin als effektive Waffe gegen Malaria unterstreicht eine weitere Studie, die Forscher auf der Tagung präsentieren: Demnach kann Ivermectin auch die Entwicklung von Plasmodium vivax Parasiten in Moskitos blockieren – das sind Malariaerreger, die hauptsächlich in Südost-Asien verbreitet sind. Gerade in dieser Region erschweren aufkommende Resistenzen gegen bewährte Malariamedikamente das Eindämmen der Krankheit. „Resistenzen gegen Medikamente und Insektizide nehmen weltweit zu”, kommentiert der Präsident der ASTMH, Christopher V. Plowe. „Wir befinden uns an einem kritischen Punkt im Kampf gegen Malaria und müssen dringend neue Strategien entwickeln.” Das mit dem Nobelpreis gekrönte Medikament Ivermectin scheint ein lohnender Ansatzpunkt zu sein.