Als Mitte der 80er Jahre über der Antarktis ein Ozonloch aufriss, trieb dies selbst sonst wenig umweltbewusste Staaten an den Verhandlungstisch. 1987 beschloss die Staatengemeinschaft dann im Montreal-Protokoll, chlor- und bromhaltige ozonabbauende Substanzen zu verbieten oder ihre Produktion zumindest stark zu reduzieren.
Erholung nur mit Verzögerung
Schon damals war allerdings klar, dass die positiven Effekte dieses Protokolls auf sich warten lassen werden. Denn viele chlorhaltige Verbindungen bleiben lange in der Atmosphäre und entfalten dort ihre ozonzerstörende Wirkung. Die Ozonschicht wird sich daher nur mit großer Verzögerung erholen. Studien gehen davon aus, dass die Ozondichte über der Antarktis erst im Jahr 2050 wieder die Werte erreichen wird, die sie vor 1980 hatte. Und im globalen Durchschnitt liegt die Ozonschicht selbst fast 30 Jahre nach dem Montreal-Protokoll um rund vier Prozent unter den langjährigen Referenzwerten.
Wie aber würde die Welt heute aussehen, wenn es das Montreal-Protokoll gar nicht gegeben hätte? Das haben Martyn Chipperfield von der University of Leeds und seine Kollegen nun mit Hilfe von Atmosphärenmodellen in einer Simulation untersucht. Auf diese Weise schufen sie ein realistisches Bild des Zustands, der dank des Protokolls abgewendet wurde.
Mehr Hautkrebs in Mitteleuropa
Das Ergebnis: Gäbe es das Montreal-Protokoll nicht, dann wäre die Ozonschicht über Mitteleuropa und anderen gemäßigten Breiten um fünf bis zehn Prozent dünner. Damit aber wäre auch die UV-Einstrahlung um bis zu 15 Prozent stärker als jetzt der Fall. „Gerade in den mittleren Breiten, in denen die Haut der Menschen typischerweise sensibler auf UV-Schäden reagiert, hätte das erhebliche Folgen für die Gesundheit“, sagen Chipperfield und seine Kollegen.
Zwar sind die gesundheitlichen Folgen der erhöhten UV-Belastung nur schwer zu quantifizieren. Studien gehen aber davon aus, dass schon ein fünfprozentiger Anstieg der UV-Belastung die Hautkrebsraten um 8 bis 15 Prozent erhöhen kann. „Veränderungen, wie wir sie dank Montreal-Protokoll vermieden haben, hätten daher potenziell schwerwiegende Konsequenzen gehabt“, so die Forscher.
Ozonlöcher an beiden Polen
Noch drastischer aber wäre die Situation in den Polargebieten: Ohne das Montreal-Protokoll wäre das Ozonloch über der Antarktis um 40 Prozent angewachsen. Am Rand des südpolaren Wirbels hätte sich dadurch die UV-Belastung im Südfrühjahr um 20 bis 100 Prozent erhöht. Dies hätte nicht nur negative Folgen für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen im Süden der Südhalbkugel, es hätte auch Einfluss auf Klima und atmosphärische Zirkulation. Selbst mit dem Montreal-Protokoll zeigen Studien, dass sich der Jetstream der Südhalbkugel im Sommer durch das Ozonloch stärker polwärts verschiebt.
Und auch in der Arktis wäre ein Ozonloch heute höchstwahrscheinlich die Regel: Messungen zeigen, dass die Ozonwerte im besonders kalten Winter 2011 über der Nordpolarregion so stark absanken, dass ein echtes Ozonloch aufriss – eine absolute Ausnahme. Gäbe es jedoch das Montreal-Protokoll nicht, dann würden solche arktischen Ozonlöcher inzwischen sogar regelmäßig auftreten.
„Unsere Studie zeigt, dass das Montreal-Protokoll selbst nach nur gut zwei Jahrzehnten der Ratifizierung große positive Effekte gezeigt hat – darunter auch die Verhinderung eines arktischen Ozonlochs“, konstatieren Chipperfield und seine Kollegen.
Quelle: Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms8233