Frauen, die Antibabypillen der „dritten Generation“ einnehmen, haben vermutlich ein 1,7 faches Risiko, eine Venenthrombose zu erleiden, als bei Einnahme von älteren Pillen der „zweiten Generation“. Zu dieser Aussage kommt eine niederländische Studie im British Medical Journal (BMJ Band 323: Seite 119-120). Auch wenn das Risiko gering sei, sollte es bei der Wahl der Pillensorte berücksichtigt werden, schreiben die Autoren und liefern dem langjährigen Streit um die Nebenwirkungen der Pille damit neuen Stoff.
Eine Pille der dritten Generation enthält die Wirkstoffe Desogestrel und Gestodene, eine der zweiten Generation das Hormon Levonorgestrel. Jeanet Kemmeren, Ale Algra und Diederick Grobbee vom
Medizinischen Zentrum der Universität Utrecht (UMC) fassten die Ergebnisse von 13 Studien zusammen, deren Daten aus dem Zeitraum vor November 1995 stammten. Spätere Studien bezogen die Forscher nicht mit ein. Ihrer Ansicht nach waren diese zum damaligen Zeitpunkt bereits durch Veröffentlichungen über die Risiken der Pille beeinflusst. Die Wissenschaftler prüften die Untersuchungen und stellten nach eigener Aussage keine Ungereimtheiten fest. Kritiker bemängeln, dass die Studien das Risiko für eine Venenthrombose überschätzt und die Ergebnisse verzerrt hätten.
Die Debatte über eine mögliche Gefährdung von Frauen durch die Einnahme der dritten Generation von Antibabypillen zieht sich seit Jahren hin. Die Pillen kamen in den 80er Jahren auf den Markt und besitzen wesentlich geringere Hormonkonzentrationen als die frühere Pille der „ersten Generation“. Die ersten Studien, die 1995 ein erhöhtes Risiko für Venenthrombosen zeigten, führten zur Verunsicherung von Ärzten und Frauen. Da viele Frauen auf die Pille verzichteten, nahmen in England in den ersten drei Monaten des Jahres 1996 die Abtreibungen gegenüber dem vorherigen Quartal um 16 Prozent zu und stiegen bis 1998 stetig an. In Deutschland verbot das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Verschreibung der modernen Mikropillen an Frauen unter 30 Jahren, die noch nie auf diese Weise verhütet hatten.
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Almut Bruschke-Reimer