Was man gemeinhin als Morchel bezeichnet, ist nur der Fruchtkörper eines Organismus, dessen Lebensraum der Boden ist: Morcheln bilden im Untergrund ein weitreichendes Gespinst aus feinen Hyphen. Es war bereits bekannt, dass sie beim Wachstum auch Bodenbakterien mit auf die Reise nehmen und damit zur Verbreitung dieser Mikroben beitragen. Sowohl der Pilz als auch die Bakterien ernähren sich von organischem Material im Boden. Die Forscher um Pilar Junier von der Universität Neuchatel wollten nun herausfinden, ob es vielleicht auch noch eine intensivere Verbindung der beiden Bodenorganismen gibt.
Im Rahmen der Studie untersuchten sie die Wechselwirkungen zwischen dem Pilzgeflecht der Morchel und Bodenbakterien der Art Pseudomonas putida. Um zu überprüfen, ob es einen Stofffluss zwischen beiden Organismen gibt, versorgten sie zunächst den Pilz mit einer markierten Kohlenstoffquelle. Sie enthielt das Isotop C13, das sich durch Analysen leicht nachweisen lässt. Es zeigte sich: Das C13 aus dem Pilzgeflecht landete schließlich in den Bakterienzellen. Die Mikroben hatten sich also von Ausscheidungen der Pilzfasern ernährt, folgern die Forscher. Die Bakterien gediehen auch entsprechend gut in der Nähe ihrer Versorger.
Markierter Kohlenstoff deckt Landwirtschaft auf
Doch nach etwa fünf bis neun Tagen machten die Forscher eine spannende Entdeckung: Die Bakteriendichte um die Pilzhyphen begann drastisch zu sinken. Gleichzeitig bildete der Pilz Kohlenstoffdepots, sogenannte Sklerotien. Um nachzuweisen, dass dies auf die Ernte der Bakterien zurückzuführen war, führten die Forscher einen neuen Versuchsansatz durch. Diesmal wurde nicht der Pilz mit der C13-haltigen Nahrungsquelle versorgt, sondern die Bakterien. Die so gemästeten Mikroben brachten sie dann mit den Pilzhyphen in Kontakt. Analysen von Sklerotien zeigten später: Die Speicherorgane enthielten C13, das nur von den Bakterien stammen konnte. Für die Forscher der Beweis: Der Pilz hatte sich die Bakterien einverleibt, sie verdaut und den Kohlenstoff in die Sklerotien zur Speicherung verlagert.
Eine weitere Überprüfung der Ergebnisse steht nun noch aus und auch der finale Beweis, dass der Pilz bei der „Landwirtschaft“ tatsächlich einen Energieüberschuss erwirtschaftet. Doch die Forscher sind sich ihrer Interpretation der Ergebnisse bereits sehr sicher. Sie wollen sich nun der weiteren Untersuchung dieser spannenden Interaktion widmen. Denn: „Etwas Derartiges hat bisher noch niemand bei Pilzen entdeckt“, betont Pilar Junier.