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Pilze als Schwermetall-Fänger

Erde|Umwelt

Pilze als Schwermetall-Fänger
Pilze
Radionuklidaufnahme und Transport durch Pilzmyzel im Boden. © HZDR/Sahneweiß/shutterstock.com, ER_09, nednapa

Als Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 sind viele Böden immer noch radioaktiv belastet. Doch Pilze könnten womöglich als Reinigungskommando dienen. Denn Forschende haben nun herausgefunden, dass verschiedene Pilzarten die Elemente Europium, Americium und Curium aus dem Boden filtern. Die gefährlichen Schwermetalle blieben dann bis nach ihrem Verfall im Pilz abgespeichert, wo sie weder Mensch noch Natur großen Schaden zufügen können.

Die Pilze, die bei uns in Rahmsauce und Omelett landen, sind nur ein Bruchteil des gesamten Pilzkörpers. Der Rest davon, das sogenannte Myzel, liegt unter der Erde und kann sich über mehrere hundert Hektar ausdehnen. Doch das feine Geflecht des Myzels hat noch eine weitere Superkraft: Es kann radioaktive Schwermetalle aufnehmen, die sich dann im Pilz anreichern. In früheren Experimenten konnten Wissenschaftler bereits nachweisen, dass etwa der Gemeine Spaltblättling große Mengen an Uran in seine Zellen aufnehmen kann, ohne dabei abzusterben.

Pilz trifft Schwermetall

Forschende um Alix Günther vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf haben nun untersucht, ob Pilze auch das Seltenerd-Metall Europium abspeichern können. Europium selbst ist zwar nicht radioaktiv, steht aber stellvertretend für Elemente aus der Gruppe der Actinoide, darunter Americium und Curium. „Insbesondere Americium wird zukünftig für eine hohe Radiotoxizität in Tschernobyl verantwortlich sein“, erklärt Günther. Zwar wurde es bei der Reaktorexplosion damals nicht freigesetzt, dafür aber Plutonium, das mit einer Halbwertszeit von 14,4 Jahren in Americium zerfällt. Der Americium-Gehalt wird also weiter ansteigen und erst geschätzte 70 bis 80 Jahre nach dem Unfall seinen Höchstwert erreichen, so die Wissenschaftler.

Um zu untersuchen, wie der Americium-Stellvertreter Europium mit verschiedenen Pilzarten interagiert, brachten Günther und ihr Team das Element mit vier holz- und bodenbewohnenden Pilzen in Berührung: dem Gemeinen Spaltblättling, dem Austern-Seitling, dem Getigerten Sägeblättling und dem Rosablättrigen Egerlingsschirmling. Mittels Mikroskopie und Spektroskopie konnten die Wissenschaftler dann beobachten, wie die Pilze auf das Europium reagierten.

Einsatz als Boden-Reiniger denkbar

Das Ergebnis: Die verschiedenen Pilze interagieren sehr unterschiedlich mit Europium. Die Forschenden beobachteten unter anderem, dass die verschiedenen Pilzarten das Schwermetall jeweils an anderen Orten in der Zelle anreichern, etwa auf der Zelloberfläche, in den Zellmembranen oder in einigen Fällen im Zytoplasma. Während zum Beispiel der Rosablättrige Egerlingsschirmling nur geringe Mengen Europium bindet und fein in der Zelle verteilt, kann der Spaltblättling bis zu viermal mehr Europium im Vergleich zu den anderen Pilzen binden, und zwar an der Außenseite der Zellwand.

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Mit den gewonnenen Erkenntnissen könnten nun Methoden entwickelt werden, mit denen Schwermetall-belastete Flächen wieder landwirtschaftlich nutzbar werden. „Dank des hohen Lebensalters mancher Pilzarten könnten radioaktive Stoffe teilweise bis zu ihrem Zerfall gespeichert werden. Deshalb könnten sie sich zum einen zur schnellen Strahlenschutzvorsorge und zum anderen auch zur Sanierung kontaminierter Böden eignen. Und wir sehen auch die Möglichkeit der Reinigung von belastetem Wasser“, sagt Günther. Allerdings müssten die Wissenschaftler dafür zunächst „die molekularen Prozesse und den Transport innerhalb des Organismus noch genauer verstehen“, ergänzt ihr Kollege Johannes Raff.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, Fachartikel: Science of The Total Environment, doi: 10.1016/j.scitotenv.2022.158160

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