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Reichlich Biokunststoff-Reste im Kompost

Erde|Umwelt

Reichlich Biokunststoff-Reste im Kompost
Kompostproben
Proben aus Bioabfall-Verwertungsanlagen im Labor. © Universität Bayreuth/ Chr. Wißler

Biobasierte Kunststoffe, beispielsweise in Biomülltüten, gelten als biologisch abbaubar – deshalb werden sie oft mit in den Biomüll geworfen. Doch nun enthüllt eine Studie, dass auch diese Biokunststoffe erhebliche Mengen an unzersetztem Mikroplastik in Kompost und Biodünger hinterlassen. Weil die Plastikteilchen jedoch kleiner als zwei Millimeter sind, werden sie von den bisher geltenden Richtlinien nicht erfasst. Hier müsse nachgebessert werden, fordern die Wissenschaftler.

Abfalltüten aus Biokunststoff: Allein der Name kann schon in die Irre führen und Verwirrung darüber auslösen, ob die Müllbeutel nun in den Biomüll oder die gelbe Tonne gehören. Doch die innovativen Mülltüten aus biologisch abbaubarer Stärke oder Cellulose sollen genau an diesem Problem ansetzen: Viele sammeln ihren Biomüll immer noch in herkömmlichen Plastiktüten, die aber auf keinen Fall in Verwertungsanlagen von organischem Müll landen sollten. Bioabbaubare Kunststoffe hingegen gelten als ökofreundliche Alternative, da die technische Bioabfallverwertung in der Lage sein soll, sie zu harmloser Biomasse abzubauen.

Doch zu welchem Grad die Mülltüten aus Biokunststoff tatsächlich abgebaut werden, ist oft gar nicht bekannt. Eigentlich ist ein Material biologisch abbaubar, wenn es durch mikrobielle Aktivität in der Anwesenheit von Sauerstoff in CO2, Wasser, Salze und Biomasse abgebaut wird. Doch momentan wird der Grad des Abbaus auf recht ungenaue Weise nur über die Menge an produziertem CO2 während der Degradierungsprozesse bestimmt. „Unter diesen Bedingungen erfährt man nichts über die Mechanismen des Abbaus von bioabbaubarem Material, vor allem nicht, ob ein signifikanter Teil an Mikro- und Nanoplastik zurückbleibt, welche einen schwerwiegenden Einfluss auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben können“, erklären Thomas Steiner von der Universität Bayreuth und seine Kollegen.

Kompost unter der Lupe

Die Wissenschaftler haben es sich daher zur Aufgabe gemacht herauszufinden, wie viele bioabbaubare Plastikpartikel sich tatsächlich noch in dem Fertigkompost, der aus Biomüll hergestellt wird, befinden. Dafür arbeiteten sie mit vier städtischen Bioabfallverwertungsanlagen zusammen, die etablierte technische Verfahren einsetzen, um Bioabfall in einem zweistufigen Prozess zu verarbeiten: Auf die mikrobielle Produktion von Biogas folgt die Umwandlung des organischen Restmaterials zu hochwertigem Kompost.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich im Fertigkompost der vier Anlagen immer noch eine signifikant hohe Anzahl an bioabbaubaren Mikroplastik-Partikeln befand. Diese weniger als einem Millimeter kleinen Partikel machen zusammen 0,43 Prozent des Trockengewichts des Komposts aus. Die deutsche Düngemittelverordnung (DüMV) verlangt zwar, dass der Anteil von bioabbaubarem Kunststoff in hochwertigem Kompost maximal nur 0,1 Prozent des Trockengewichts betragen darf, doch dieser Grenzwert bezieht sich allein auf Mikroplastik-Partikel, die größer als zwei Millimeter sind – alle Partikel unter diesem Durchmesser werden gar nicht zur Bemessung der Plastikverschmutzung herangezogen. Die Verwertungsanlagen stellen aber nicht nur Kompostdünger her, sondern auch Flüssigdünger, der ebenfalls von Steiner und seinen Kollegen untersucht wurde. Darin entdeckten sie mehrere tausend bis zu 0,5 Millimeter kleinen Plastikpartikeln pro Liter.

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Richtlinien müssen angepasst werden

Die Ergebnisse demonstrieren damit, dass auch vermeintlich bioabbaubarer Kunststoff bei der Herstellung von Kompost aus Bioabfällen nicht zersetzt wird. Zudem fällt ein großer Teil der Mikroplastik-Rückstände unter den Radar gängiger Richtlinien und wird gar nicht miteinbezogen. „Der gesetzlich definierte Grenzwert für den Anteil an bioabbaubarem Mikroplastik sollte künftig auch viel kleinere Partikel einbeziehen, um die Belastung von Agrarflächen deutlich zu verringern. Dies erscheint vor allem deshalb geboten, weil Fertigkompost eine sehr große Zahl von Partikeln enthält, die kleiner als zwei Millimeter sind“, berichtet Seniorautorin Ruth Freitag von der Universität Bayreuth.

Laut der Wissenschaftlerin ist momentan noch nicht endgültig geklärt, ob die Zerfallsprodukte der bioabbaubaren Kunststoffe schädlich für die hiesigen Böden sind. Auch ob sie wirklich in allen Fällen von Mikroorganismen in Kohlendioxid, Wasser und Biomasse umgewandelt werden, ist noch offen. „In vielen Privathaushalten in Deutschland werden heute gerne die im Handel erhältlichen bioabbaubaren Mülltüten und bioabbaubaren Lebensmittelfolien verwendet. Dennoch werfen unsere Forschungsergebnisse die Frage auf, ob diese Kunststoffprodukte weiterhin im bisherigen Umfang als Bioabfälle entsorgt und auf den Flächen von Äckern und Gärten landen sollten“, so Freitag.

Quelle: Universität Bayreuth, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-022-12912-z

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