Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 8,90€/Monat!
Startseite »

Schildkröten der Welt in Not!

Artenschutz

Schildkröten der Welt in Not!
Ein Beispiel unter vielen: Das Verbreitungsgebiet der großen asiatischen Flussschildkröte Batagur trivittata ist drastisch geschrumpft. (Bild: Rick Hudson)

„Turtles of the World“: In einem neuen Atlas präsentieren Biologen das gesammelte Wissen zu den 357 Schildkrötenarten der Welt und machen gleichzeitig auf deren teils dramatische Lage aufmerksam: Etwa die Hälfte aller Spezies sind vom Aussterben bedroht. Den Tieren macht demnach vor allem der Verlust ihrer Lebensräume sowie der übermäßige Fang zu schaffen. Der Mensch hat im Laufe der Geschichte auch schon früh vielen Schildkrötenarten den Garaus gemacht, berichten die Wissenschaftler: So kam etwa Charles Darwin bei seiner Erforschung der Riesenschildkröten für die meisten Arten schon zu spät.

Ein uraltes Erfolgskonzept: Vor über 220 Millionen Jahren haben Reptilien erstmals das spezielle Panzer-System entwickelt, das bis heute die Schildkrötenarten der Welt prägt. Im Laufe der Entwicklungsgeschichte brachten diese Tiere anschließend eine große Vielfalt hervor und konnten sich dabei auch unterschiedliche Lebensräume erobern. Im Gegensatz zu den Dinosauriern gelang es einigen Vertretern der Schildkröten offensichtlich auch, das Massensterben am Ende der Kreidezeit zu überstehen. Heutzutage bevölkern nun 357 Schildkrötenarten die Meere sowie unterschiedliche Süßwasser- und Landökosysteme.

Von groß bis klein – die Artenvielfalt im Blick

Die aktuellen Informationen zu all diesen Vertretern der gepanzerten Reptilien hat nun ein internationales Wissenschaftlerteam um Uwe Fritz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden für die neue Auflage des Atlas „Turtles of the World“ zusammengetragen. Ein buchstäblich herausragender Vertreter ist dabei die Meeresschildkröte Dermochelys coriacea: Ihr ledriger Panzer erreicht Längen von bis zu 226 Zentimetern. An Land hält die Seychellen-Riesenschildkröte Aldabrachelys gigantea mit einer Panzerlänge von bis zu 138 Zentimetern den Rekord. Am unteren Ende steht wiederum die Vallarta-Schlammschildkröte Kinosternon vogti: Ihr Schild wird nur rund 10,2 Zentimeter lang.

Damit sind nur drei der vielen interessanten Schildkrötenarten des Atlas genannt: „Wir liefern hier eine Zusammenstellung aller 357 wissenschaftlich anerkannten und heute noch lebenden Schildkrötenarten der Welt“, sagt Fritz. „Aber damit nicht genug: In der neuen Auflage beleuchten wir auch den Gefährdungszustand der Schildkröten und vergleichen deren ursprüngliche Lebensräume mit der heutigen Verbreitung. Damit wollen wir der nationalen und internationalen Gesetzgebung und dem Natur- und Artenschutz eine solide Handlungsgrundlage bieten“, so der Wissenschaftler.

Anzeige

Der Hälfte droht das Aus

Konkret richtet sich der sorgenvolle Blick dabei auf 171 Schildkrötenarten: Etwa die Hälfte aller Spezies ist als bedroht anzusehen, betonen die Wissenschaftler. Die Schildkröten gehören damit zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren weltweit – nur die Primaten tauchen prozentual noch häufiger in der Liste der bedrohten Tierarten auf. „Besonders die großen Schildkrötenarten sind in Gefahr, da sie auf spezielle Lebensräume angewiesen sind“, sagt Fritz. „So stehen etwa die großen asiatischen Schildkröten vor der Ausrottung, die ursprünglich in Flussmündungen oder Flüssen verbreitet waren. Ihre Lebensräume werden immer kleiner, die Eier werden von Menschen geplündert und die großen Tiere selbst heute noch geschlachtet, um sie zu essen“, so der Biologe.

Der neue Atlas verdeutlicht zudem: Die Lebensräume nahezu aller Schildkrötenarten haben sich gegenüber ihren ursprünglichen Verbreitungsmustern drastisch verkleinert. Gründe hierfür sind Lebensraumverlust und die Beeinträchtigung der Habitate durch Übernutzung. Die Verbreitungsgebiete der großen asiatischen Flussschildkröte Batagur trivittata und der Burma-Sternschildkröte Geochelone platynota in Myanmar sowie die Lebensräume der südafrikanischen Geometrischen Landschildkröte Psammobates geometricus sind beispielsweise um mindestens 90 Prozent geschrumpft, berichten die Forscher.

Wie weit die Geschichte der Bedrohung und Ausrottung der Schildkröten durch den Menschen bereits zurückreicht, hat Fritz bereits Anfang des Jahres im Rahmen einer Veröffentlichung zu Riesenschildkröten hervorgehoben. Vertreter dieser bis zu 400 Kilogramm schweren Tiere gibt es heute nur noch auf dem Aldabra-Atoll (Seychellen) im Indischen Ozean und den ostpazifischen Galapagos-Inseln. Sie gelten als eine der Tiergruppen, die Charles Darwin zur Entwicklung der Evolutionstheorie inspiriert haben. „Früher waren Riesenschildkröten allerdings wesentlich weiter verbreitet“, sagt Fritz. „Vor rund 200 Jahren kamen sie noch auf den Maskarenen östlich von Madagaskar vor und bis vor wenigen tausend Jahren auf vielen anderen Inseln, beispielsweise auf den Fidschi-Inseln, den Bahamas, Kuba, Madagaskar, Sizilien oder den Kanarischen Inseln.“ Diese Arten wurden dort bereist kurz nach der Ankunft des Menschen ausgerottet.

Die Gefahr, dass erneut bald nur noch Überreste von vielen der verbliebenen Schildkrötenarten zeugen, ist nun akut, betont Fritz abschließend: „Die aktuellen Zahlen sind dramatisch und sollten schnellstmöglich zu einem umfassenden Schutz der Schildkröten führen“, so der Wissenschaftler.

Quelle: Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Originalpublikation: Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (9th Ed.). ISBN: 978-0-9910368-3-7

Anzeige
natur | Aktuelles Heft
Reizvolle Regionen
Aktueller Buchtipp

Anzeige
Serie: Hervorragend – Junge Menschen und ihr Engagement
Wissenschaftslexikon

In|for|mel  〈[frml] n.; –; unz.; Kunst〉 = informelle Malerei [frz., verkürzt <art informel … mehr

nut|zer|freund|lich  〈Adj.; bes. IT; kurz für〉 benutzerfreundlich ● ~e Gestaltung

Po|ly|sty|rol  〈n. 11; Abk.: PS〉 durch Polymerisation von Styrol hergestellter, hornartig harter, zäher, geruchloser, nicht gesundheitsschädlicher Kunststoff [<grch. polys … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige