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Schimpansen: Buddelnde Werkzeugprofis

Erde|Umwelt

Schimpansen: Buddelnde Werkzeugprofis
Schimpansen
Schimpansen graben auch mit Werkzeugen nach Nahrung im Boden. (Bild: guenterguni/ istock)

Wieder einmal haben sich Schimpansen als Werkzeugprofis erwiesen: Wie Experimente offenbaren, nutzen die Menschenaffen nicht nur ihre Hände, um an im Boden vergrabene Nahrung zu gelangen. Sie setzen auch spontan Hilfsmittel wie Stöcke dafür ein – selbst dann, wenn sie diese Verhaltensweise nie gelernt haben. Den Forschern zufolge ist es das erste Mal, dass ein solches Verhalten bei Schimpansen direkt beobachtet wurde. Möglicherweise ergeben sich daraus nun auch Hinweise auf den Werkzeuggebrauch bei Frühmenschen, berichtet das Team.

Schimpansen haben sich in der Vergangenheit immer wieder als äußerst geschickt und erfinderisch erwiesen – auch in Sachen Werkzeuggebrauch. So benutzen die Menschenaffen beispielsweise Stöcke, um Termitenhügel aufzubrechen, oder knacken Nüsse mithilfe von Steinen. Doch verwenden sie auch Werkzeug, um nach im Boden versteckter Nahrung wie Wurzeln und Knollen zu graben? Bisher war dies nur eine Vermutung. Direkt beobachtet wurde ein solches Verhalten bei Schimpansen noch nie, wie Alba Motes-Rodrigo von der Universität Tübingen und ihre Kollegen erklären.

Schaufeln und bohren

Aus diesem Grund haben die Wissenschaftler nun den Praxistest gemacht – und die Menschenaffen mit vergrabenem Futter konfrontiert. Die tierischen Probanden für die Studie des Teams waren zehn in Gefangenschaft lebende Schimpansen aus einem Zoo in Norwegen. Vor den Augen dieser Primaten vergruben die Forscher im Experiment Früchte im Boden und stellten ihnen mögliche Hilfsmittel zum Ausgraben zur Verfügung, darunter Stöcke und Werkzeuge aus Rinde. Es zeigte sich: Tatsächlich legten die Schimpansen die Leckereien erfolgreich frei. Acht der zehn Tiere bevorzugten dabei die Arbeit mit Werkzeug anstatt mit den bloßen Händen.

Wie die Wissenschaftler berichten, legten diese Affen ein Repertoire unterschiedlicher Verhaltensweisen an den Tag, um an das Futter zu gelangen. Sie gruben, schaufelten und bohrten und schienen ihr Werkzeug dafür ganz gezielt auszuwählen. Zudem offenbarten die Experimente: Waren keine geeigneten Hilfsmittel vorhanden, fertigten die Schimpansen sogar selbst Werkzeuge aus Teilen der im Gehege vorkommenden Vegetation an. Diese trugen sie dann zu der Stelle, an der die Früchte vergraben waren. Außerdem halfen sich die Tiere bei den Ausgrabungen untereinander und teilten später die dabei ergatterten Leckereien.

„Nicht gelernt“

„Diese Beobachtungen sind sehr interessant, weil die Schimpansen zuvor noch nie mit vergrabenem Futter konfrontiert waren und diese Verhaltensweisen somit nicht gelernt hatten“, konstatiert das Forscherteam. Zwar lassen sich die Ergebnisse nicht zwangsläufig auf wildlebende Schimpansen übertragen, wie die Wissenschaftler betonen. Trotzdem interpretieren sie ihre Beobachtungen als Hinweis darauf, dass auch Schimpansen in freier Wildbahn Werkzeuge einsetzen, um an unterirdische Nahrungsquellen zu gelangen. Weil die Menschenaffen unsere engsten noch lebenden Verwandten sind, könnte ihr Verhalten zudem Rückschlüsse auf unsere eigene Vergangenheit ermöglichen.

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Gruben auch unsere Vorfahren schon mit Werkzeugen nach Nahrung im Boden? Tatsächlich gehen Wissenschaftler davon aus, dass der Einsatz von Werkzeugen bei der Suche nach Knollen und Wurzeln in der menschlichen Evolution entscheidend war. „Lebensmittel aus der Erde waren in der Nahrung der Frühmenschen, während des Übergangs von bewaldeten zu trockenen Lebensräumen, vermutlich reichlich vorhanden“, sagt Motes-Rodrigo. Leider wisse man bisher wenig über damalige Werkzeuge oder das Vorgehen der Frühmenschen. „Die Daten unserer Studie tragen zu einem besseren Verständnis des frühen menschlichen Verhaltens bei. Schimpansen dienen uns hier als Verhaltensmodelle.“

Quelle: Alba Motes-Rodrigo (Universität Tübingen) et al., PLOS One, doi: 10.1371/journal.pone.0215644

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