Taufliegen mit einem hektischen Sozialleben genehmigen sich tagsüber ein verlängertes Nickerchen: Sie ruhen viermal so lange wie einsam gehaltene Fliegen. Das haben Forscher aus den USA an den kleinen Insekten herausgefunden. Nach Aussagen der Wissenschaftler entsteht das höhere Schlafbedürfnis durch die Verarbeitung der sozialen Erfahrungen zu Erinnerungen. Denn als sie bei den Fliegen Gene ausschalteten, die mit Lernen und Gedächtnis zusammenhängen, brauchten sie keinen zusätzlichen Schlaf mehr. Die Ergebnisse könnten auch Informationen für die Schlafforschung beim Menschen liefern, denn die Taufliege ähnelt dem Menschen in vieler Hinsicht, sagt die Leiterin des Forscherteams Indrani Ganguly-Fitzgerald vom Neurosciences Institute in San Diego.
Die Forscher teilten die Fliegen für ihre Studie in zwei Gruppen ein: Die einen lebten für drei bis vier Tage gemeinsam mit mindestens dreißig Fliegen, die anderen kamen in Einzelhaft. Die vergesellschafteten Fliegen machten tagsüber ein Nickerchen von einer Stunde, wahrend die einsamen Fliegen nur fünfzehn Minuten schliefen, beobachteten die Forscher. Nachts hatten die Taufliegen alle das gleiche Schlafverhalten. Um auszuschließen, dass die sozial Aktiven nur deshalb mehr schliefen, weil sie sich mehr bewegten, untersuchten die Forscher auch Fliegen, die nichts sehen und riechen konnten. Bei diesen sozial isolierten Fliegen fanden die Forscher keinen Unterschied mehr in der Länge des Schlafs zwischen vergesellschafteten und einsamen Fliegen.
Durch das Ausschalten von Genen bei den Fliegen, von denen bekannt ist, dass sie mit dem Langzeitgedächtnis zusammenhängen, konnten die Forscher ebenfalls bewirken, dass die Insekten trotz Sozialstress keinen längeren Schlaf benötigten. 17 solcher Gene identifizieren die Forscher auf diese Weise. Die Forscher hoffen, nun auch beim Menschen ähnliche Gene zu finden, die an der Gedächtnisbildung von zwischenmenschlichen Eindrücken beteiligt sind. Aktuelle Studien haben bereits gezeigt, dass Schlafen die Lernfähigkeit und Gedächtnisleistung erhöht.
Die Taufliege eignet sich durchaus als Modellorganismus für die Schlafforschung, sind die Forscher überzeugt. Nicht nur, weil sie ebenfalls schläft, sondern weil sie trotz ihres primitiv erscheinenden Aussehens ein Sozialleben hat: Sie streitet sich, sucht sich ihre Partner und hat ein Gedächtnis.
Nature, Onlinedienst Originalarbeit der Forscher: Indrani Ganguly-Fitzgerald (Neurosciences Institute, San Diego) et al.: Science, Bd. 313, S. 1776 ddp/wissenschaft.de ?
Martin Vieweg