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Schlummert ein Schlafmittel in Schneckengift?

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Schlummert ein Schlafmittel in Schneckengift?
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Gehäuse der Meeresschnecke Conus araneosus. Wikipedia, gemeinfrei.
Langsam, aber dafür giftig: Damit sie sich Zeit lassen können, lähmen räuberische Meeresschnecken ihre Beute blitzartig durch raffiniertes Gift. Schon lange stehen die Kegelschnecken deshalb im Fokus der Wissenschaft: Erkenntnisse über ihre Gifte haben bereits zur Entwicklung von Schmerzmitteln und anderen Medikamenten geführt. Nun haben Forscher im Giftcocktail einer bisher kaum erforschten Kegelschneckenart einen Wirkstoff entdeckt, der Potenzial für die Entwicklung von Schlafmitteln haben könnte: Er ließ Mäuse schlagartig für mehrere Stunden einschlummern.

Ihre Heimat sind die tropischen Meere: Die Gruppe der Kegelschnecken ist ausgesprochen artenreich – es gibt über 700 Spezies. Sie alle sind räuberische Giftmischerinnen, die sich auf unterschiedliche Meerestiere spezialisiert haben. Bei der Jagd rammen sie dem Opfer eine Harpune in den Leib, mit der sie ein Gift injizieren, das binnen Sekunden lähmt. Es handelt sich um raffinierte Mischungen aus speziellen Eiweißmolekülen – den sogenannten Conotoxinen. Die Gifte bestehen aus bis zu mehreren Hundert dieser Einzelkomponenten, die jeweils eine spezielle Wirkung auf das Nervensystem besitzen. Erst in seiner Gesamtheit entfaltet der Giftcocktail seine drastische Wirkung: Einige Kegelschneckenarten sind auch für den Menschen eine tödliche Gefahr.

Potenzial für eine Vielzahl neuer Wirkstoffe

Für die Forschung ist diese Substanzvielfalt eine Goldgrube bei der Suche nach Wirkstoffen mit neurologischen Effekten. Die große Artenvielfalt der Kegelschnecken vergrößert das Potenzial dabei enorm, denn jede Spezies besitzt ihren ganz speziellen Gift-Cocktail. Deshalb macht es bei der Suche nach neuen Conotoxinen Sinn, bisher kaum untersuchte Giftmischerinnen ins Visier zu nehmen. Genau das haben die Forscher um Jayaseelan Benjamin Franklin vom Indian Institute of Science in Bangalore getan. Sie haben sich die Schnecke namens Conus araneosus vorgenommen, die ausschließlich an den Küsten des südlichen Indiens und Sri Lankas vorkommt.

Binnen vier Minuten eingeschlafen

Für ihre Studie zapften die Forscher den Giftdrüsen der Schnecken Proben ab und untersuchten sie anschließend mit den neusten Methoden der Analytik. Es gelang ihnen, insgesamt 14 bisher unbekannte Conotoxine im Gift von C. araneosus zu identifizieren. Fünf davon erschienen ihnen aufgrund ihrer Struktur besonders interessant und so entschlossen sie sich, ihre Wirkung an Mäusen zu testen. Vier dieser Substanzen zeigten nach Injektion allerdings keinerlei sichtbaren Effekt auf die Versuchstiere. Doch Nummer fünf sehr wohl: Binnen vier Minuten nach der Injektion mit dieser Substanz waren die Nager eingeschlafen und schlummerten für mehrere Stunden, berichten die Forscher.

Potenzial für ein Schlafmittel

Ihnen zufolge ist ein solch einschläfernder Effekt bei Conotoxinen bisher noch nicht beobachtet worden: Normalerweise zeigen bestimmte Einzelsubstanzen der Kegelschneckengifte eine lähmende Wirkung, verursachen aber keinen Schlaf. „Die Substanzen könnten somit für die Entwicklung von mehr Medikamentengruppen interessant sein als bisher gedacht“, schreiben Franklin und seine Kollegen. Sie wollen nun herausfinden, auf welchem Prinzip der einschläfernde Effekt des neu entdeckten Conotoxins beruht und ob es sich zu therapeutischen Zwecken eignet. Eines Tages könnte demnach ein Mittel aus dem Gift der Kegelschnecke C. araneosus Menschen mit Schafstörungen eine gute Nacht schenken.

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Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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