Die Bemühungen waren erfolgreich: Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass mircroRNAs sich ideal als Informanten für die Frühdiagnose eignen. Diese Moleküle sind Teil des Informations- und Regulationssystems des Körpers. Sie bestehen aus durchschnittlich 22 genetischen Bausteinen, dienen aber anders als ihre Verwandten, die RNAs, nicht zur Herstellung von Proteinen. Sie beeinflussen aber dennoch indirekt die Produktion dieser Eiweiße, sie spielen also eine zentrale Rolle in dem komplexen Geschehen der Genregulation in Zellen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass viele Krankheiten mit einer fehlerhaften Bildung von mircroRNAs einhergehen, beispielsweise sind sie an den Fehlfunktionen von Tumorzellen beteiligt. Durch ihre geringe Größe werden die winzigen Nucleotid-Ketten auch an das Blut abgegeben und sind deshalb in Proben nachweisbar.
Den Forschern ist es durch den Vergleich von Blutproben erkrankter Personen mit denen von gesunden gelungen, mircroRNAs zu identifizieren, die spezifisch für die jeweilige Erkrankung sind. Darunter sind Krebsformen der Bauchspeicheldrüse, der Prostata oder des Magen-Darm-Traktes sowie Multiple Sklerose, Sarkoidose und Parodontitis. Die Ergebnisse der Tests mit rund 700 Probanden wurden jetzt im Fachmagazin „Nature Methods“ veröffentlicht. ?Insgesamt hat der Test eine hohe Genauigkeit für die einzelnen Krankheitsbilder gezeigt, die gut voneinander und von gesunden Kontrollgruppen unterschieden werden konnten?, resümiert Abdou ElSharawy, einer der beteiligten Wissenschaftler von der Christian Albrechts Universität in Kiel. Die Forscher hoffen nun, mit einem einzigen Bluttest zukünftig eine Vielzahl weiterer Erkrankungen mit hoher Zuverlässigkeit diagnostizieren zu können. Bis es soweit ist, kann allerdings noch einige Zeit verstreichen: ?Da ist noch viel Arbeit, viel Geld und einiges an Untersuchungen notwendig, bis tatsächlich ein marktreifes Produkt die Zulassung erhält?, sagt Andre Franke.