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Schneller Herrscher-Wechsel in der Todes-Ära

Perm-Trias-Massenaussterben

Schneller Herrscher-Wechsel in der Todes-Ära
Künstlerische Darstellung eines Inostrancevia, der einen Dicynodonten erlegt hat. © Matt Celeskey

Spitzenraubtiere erscheinen stark und mächtig – doch eigentlich sind sie empfindlich: Sie trugen schon immer ein erhöhtes Aussterberisiko, spiegelt sich in einer paläontologischen Studie wider. Neu entdeckte Fossilien eines erstaunlich weit gereisten Großräubers belegen demnach, dass in der Ära um das Perm-Trias-Massenaussterben die Position des Spitzenräubers im heutigen Südafrika schnell und häufig wechselte.

Der Untergang der Welt der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit ist das bekannteste Massenaussterben der Erdgeschichte – doch ein schlimmeres hatte sich schon deutlich früher abgespielt: Vor rund 250 Millionen Jahren verschwanden im Schnitt neun von zehn Arten. Dieses Massenaussterben markiert das Ende des Erdzeitalters Perm und den Beginn der Trias-Epoche. Als Auslöser für den Prozess gelten massive Veränderungen der Umweltbedingungen durch starken Vulkanismus auf der Erde. In einigen fossilen Hinweisen spiegelt sich dabei bereits wider, wie die Lebewesen dieser turbulenten Ära ums Überleben kämpften.

Nun berichten die Forscher um Christian Kammerer vom North Carolina Museum of Natural Sciences in Raleigh von einem interessanten Tier dieser schwierigen Zeit. Auf seine Überreste ist Kammerer an einem Fundort im südafrikanischen Karoo-Becken gestoßen, das bereits für seine Fossilien aus dem Perm-Zeitalter bekannt ist. Nach anfänglichem Rätselraten stellten sich die ungewöhnlichen Skelettteile als Überreste von Inostrancevia heraus. Es handelt sich dabei um einen Vertreter aus der Gruppe der Gorgonopsien, der etwa so groß wie ein Tiger war und eindrucksvolle Säbelzähne im Maul besaß. Der erstaunliche Aspekt des Fundes ist allerdings: Bisher waren Fossilien von Inostrancevia nur aus Russland bekannt und man nahm an, dass der Räuber nur dort vorkam.

Weit gereister Säbelzahn-Räuber

Der neue Fundort erscheint somit besonders erstaunlich, denn auch im Perm-Zeitalter lagen das heutige Russland und Südafrika extrem weit voneinander entfernt. Da die russischen Funde älter sind, deutet die neue Entdeckung somit nun darauf hin: Inostrancevia legte einst über 11.000 Kilometer zurück, um in das entfernte Ökosystem einzuwandern. “Die Fossilienfunde waren eine ausgesprochene Überraschung”, sagt Co-Autorin Pia Viglietti vom Field Museum in Chicago. Denn es erscheint unklar, wie diese Tiere es geschafft haben, diese enormen Entfernungen in der komplexen Welt des damaligen Superkontinents Pangäa zu durchqueren.

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Den Hauptaspekt ihrer Studie sehen die Forscher allerdings in weiteren Ergebnissen, die sich aus dem Fund ergaben: “Als wir das Alter der anderen Top-Raubtiere, die bereits aus der Region bekannt waren, nämlich der Rubidgeinae-Gorgonopsien, mit den Inostrancevia-Fossilien verglichen, stellten wir etwas sehr Interessantes fest”, sagt Viglietti. Es zeichnet sich demnach ab, dass die einheimischen Großräuber offenbar im Zuge der schwankenden Umweltbedingungen am Ende des Perm ausgestorben waren und dabei eine ökologische Lücke hinterlassen hatten. Denn offenbar gab es durchaus weiterhin Beutetiere in der Region: Die Pflanzenfresser konnten den Umweltveränderungen wohl vergleichsweise gut trotzen, belegen Fossilfunde. In die Lücke, die die Rubidgeinae-Räuber hinterlassen hatten, stießen dann offenbar die Inostrancevia vor, sagen die Forscher.

Fluktuation in der Spitzenposition

Doch deren Herrschaft war auch nur von kurzer Dauer, lassen die spärlichen Funde vermuten. Offenbar wurde Inostrancevia schon bald wieder von anderen Top-Räubern ersetzt: In jüngeren Schichten in der Fundregion sind Fossilien von Großräubern aus der Gruppe der Therocephalia zu finden, berichten die Forscher. Allerdings waren auch sie den Umweltveränderungen der Ära wohl nicht lange gewachsen. Am Ende der turbulenten Zeit übernahmen dann die Proterosuchidae die Rolle der Spitzenräuber in der Region. “Wir haben gezeigt, dass der Wechsel der Tiergruppen, die als Spitzenprädatoren fungierten, viermal innerhalb von weniger als zwei Millionen Jahren während des permisch-triassischen Massenaussterbens stattfand, was in der Geschichte des Lebens an Land beispiellos ist. Dies unterstreicht, wie intensiv diese Krise war”, sagt Kammerer.

Dass damals die Spitzenräuber so besonders stark gebeutelt wurden, passt zu Entwicklungen, die sich auch heute abzeichnen, heben die Wissenschaftler abschließend hervor: “Spitzenprädatoren weisen in der Regel ein hohes Aussterberisiko auf und gehören zu den ersten Arten, die aufgrund menschlicher Aktivitäten wie der Jagd oder der Zerstörung von Lebensräumen verschwinden”, sagt Kammerer. “In den Ergebnissen scheint sich widerzuspiegeln, dass frühere Spitzenprädatoren ähnlich anfällig waren und zu den Arten gehörten, die bei Massenaussterben zuerst an der Reihe waren“, so der Wissenschaftler. Seine Kollegin Viglietti sagt dazu: “Es ist immer gut, ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, wie sich Massenaussterbeereignisse auf Ökosysteme auswirken können. Das Perm lässt sich dabei als eine Parallele dazu interpretieren, was wir heute erleben”, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: Field Museum, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2023.04.007

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