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Schneller Stickoxid-Anstieg schlägt aufs Herz

Erde|Umwelt

Schneller Stickoxid-Anstieg schlägt aufs Herz
Die Stickoxid-Dynamik und die Einlieferungen in die Notaufnahme sind offenbar verknüpft. Foto: Michael Szabó/ UKJ

Der Diesel-Skandal hat das Stickoxid in den Fokus gerückt. Nun legt eine Studie einen weiteren kritischen Aspekt des Luftschadstoffes nahe: Nicht nur eine hohe Konzentration verschärft das Herzinfarktrisiko, sondern auch ein rascher Anstieg.

Die Wissenschaftler des Universitätsklinikums Jena haben durch die Verknüpfung von Patientendaten und Informationen über Stickoxid-Werte in der Luft der Stadt Jena festgestellt, dass sich das kurzfristige Risiko für einen Herzinfarkt auch dann erhöht, wenn der Stickoxidgehalt der Umgebungsluft innerhalb eines Tages schnell ansteigt. Bisher werden entsprechende dynamische Effekte nicht durch die europäischen Grenzwerte erfasst. Möglicherweise sind nun Nachbesserungen nötig, sagen die Forscher.

Das berühmt-berüchtigte Gas hat bereits für viel Wirbel gesorgt. Es entsteht in Heizanlagen, aber bekanntlich vor allem in Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen – insbesondere von Diesel-PKWs. Es ist bereits lange bekannt, dass hohe Stickoxidkonzentrationen in der Atemluft der Gesundheit schaden und unter anderem das Herzinfarktrisiko erhöhen. Als Grenzwerte gelten in Europa deshalb 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft als maximaler Stundenwert und 40 Mikrogramm im Jahresmittel.

Die Konzentrationen werden in Europa an zahlreichen Messpunkten erfasst. Die Ergebnisse lassen nicht gerade aufatmen: In ihrem aktuellen Bericht zur Luftqualität schätzt die Europäische Umweltbehörde, dass im Jahr 2016 die Europäer insgesamt über 800.000 Lebensjahre wegen der Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid verloren haben. Die Ergebnisse der aktuellen Studie lassen vermuten, dass der negative Effekt sogar noch drastischer sein könnte.

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Wie war die Luft beim Herzinfarkt?

Im Rahmen der Studie hat das Team aus Ärzten und Medizinstatistikern Patienten erfasst, die mit einem akuten Herzinfarkt in den Jahren 2003 bis 2010 im Universitätsklinikum Jena behandelt wurden. Sie stammten aus einem Umkreis von zehn Kilometer um das Klinikum und der Zeitpunkt, zudem die Beschwerden begannen, ließ sich genau rekonstruieren. Die Daten dieser knapp 700 Patienten wurden dann mit den Aufzeichnungen der Immissionsdaten für Stickoxide, Ozon und Feinstaub abgeglichen, die in Jena erfasst werden.

Ein wichtiger Aspekt der Studie war in diesem Zusammenhang: Bei Jena handelt es sich um eine Stadt mit vergleichsweise sauberer Luft. Bis auf wenige Ausnahmen blieben die gemessenen Luftverschmutzungsparameter in den betrachteten acht Jahren im Rahmen der europäischen Grenzwerte. Der Fokus der Forscher lag hingegen auf den dynamischen Effekten: Sie untersuchten, ob sich die Konzentrationen der wichtigsten Luftschadstoffe kurz vor den ersten Herzinfarktsymptomen über einen Zeitraum von 24 Stunden ungewöhnlich stark verändert hatten.

Kritischer Faktor Dynamik

In den statistischen Auswertungen zeichnete sich ab: „Das akute Herzinfarktrisiko verdoppelte sich in etwa, wenn die Stickoxidkonzentration innerhalb eines Tages um 20 Mikrogramm pro Kubikmeter anstieg“, berichtet Co-Autor Matthias Schwab. Sein Kollege Florian Rakers kommentiert dazu: „Die Deutlichkeit des Zusammenhangs hat uns dann doch überrascht, sie ist nahezu linear“. Wie die Forscher berichten, zeigte sich auch klar die Sonderstellung der Stickoxide: Ein Zusammenhang zwischen einem schnellen Anstieg von Feinstaub oder Ozon und dem akuten Herzinfarktrisiko zeichnete sich nicht ab.

Bei der Wirkung der Stickoxide handelt es sich den Forschern zufolge um einen Effekt, mit dem man rechnen muss: „Rasche Anstiege der Stickoxidkonzentrationen treten auch in einer vermeintlich sauberen Stadt wie Jena etwa 30-mal pro Jahr auf“, sagt Rakers. Verantwortlich könnten ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen oder meteorologische Faktoren sein, die eine Smogentwicklung begünstigen, erklären die Forscher.

Ihnen zufolge besteht nun weiterer Forschungsbedarf: „Wegen der klinischen Relevanz unserer Ergebnisse sollten dringend Untersuchungen in größerem Maßstab und anderen geografischen Regionen durchgeführt werden, um dann gegebenenfalls die EU-Grenzwerte um eine dynamische Komponente zu erweitern“, meint Rakers

Quelle: Universitätsklinikums Jena, Eur J Prev Cardiol, doi: 10.1177/2047487318755804

 

© natur.de – Martin Vieweg

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