Umweltverschmutzungen können starke genetische Veränderungen im Tierreich auslösen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher aus der Schweiz und Deutschland. Das Team um die Evolutionsbiologin Nora Brede vom schweizerischen Wasserforschungsinstitut Eawag in Dübendorf hatte das Erbgut von Wasserfloh-Eiern aus dem Bodensee und Greifensee nahe Zürich analysiert. Die bis zu 100 Jahre alten Eier konnten im Labor wieder „zum Leben erweckt“ werden, da sie in Sedimentschichten sauerstofffrei eingelagert waren.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass Anfang des 20. Jahrhunderts in beiden Seen fast nur die Wasserfloh-Art Daphnia hyalina vorkam. Ab den 1960er-Jahren verschlechterten sich die Lebensbedingungen in den Gewässern wesentlich, ausgelöst durch phosphathaltige Waschmittel und landwirtschaftliche Düngung. Wegen des entstandenen Sauerstoffmangels wurde D. hyalina von dem unempfindlicheren Wasserfloh D. galeata verdrängt. Dabei bildeten sich auch Mischformen zwischen beiden Arten.
Die ursprüngliche Art D. hyalina hat sich aus diesen Hybriden bis heute nicht zurückentwickelt, obwohl die Seen inzwischen wieder viel sauberer geworden sind. „Das beweist“, erklärt Biologin Nora Brede, „dass anthropogene Veränderungen – wie Überdüngung – schon nach kurzer Zeit massive Mutationen bei Tieren auslösen können, die irreversibel sind.“