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„Sirenenalarm“ warnt Bienen vor Hornissen

Insekten-Kommunikation

„Sirenenalarm“ warnt Bienen vor Hornissen

 

Schrill tönt es durch den Stock: Forscher haben ein spezielles Alarmsignal identifiziert, das asiatische Honigbienen bei Bedrohungen durch Riesenhornissen hervorbringen. Der markante Ton besitzt dabei interessante Ähnlichkeiten zu Alarmrufen bei Wirbeltieren. Offenbar hilft das akustische Signal den Bienen dabei, ihre Abwehrmaßahnen gegen die rabiaten Raubinsekten zu organisieren. Bei der Entdeckung handelt es sich somit um ein weiteres Beispiel der erstaunlich komplexen Fähigkeiten staatenbildender Insekten, sagen die Forscher.

Blütennektar und Pollen bilden die Lebensgrundlage der Honigbienen, doch es gibt bekanntlich auch sozial lebende Insekten mit Appetit auf Fleisch: Wespen und Hornissen erbeuten gerne Insekten – auch auf Bienen haben es einige Arten dabei abgesehen. Davon ist die in Fernost verbreitete Honigbienenart Apis cerana besonders betroffen: Ihre Völker werden von der bis zu knapp vier Zentimeter großen asiatischen Riesenhornisse Vespa soror heimgesucht. Nach der Auskundschaftung durch Späher rücken diese Raubinsekten im Geschwader an und machen sich über Bienen und Brut eines Stockes her. Deshalb sind sie auch bei den asiatischen Imkern gefürchtet.

Doch wie ein internationales Forscherteam bereits in früheren Untersuchungen zeigen konnte, sind die fernöstlichen Cousinen unserer Honigbienen keine völlig hilflosen Opfer: Sie haben erstaunlich komplexe Verteidigungsstrategien gegen die Riesenhornissen entwickelt. So errichten sie etwa stinkende Barrikaden aus gesammeltem Tierkot am Stockeingang, wenn dort Späherhornissen erscheinen. So können sie sich besser gegen ein möglicherweise anrückendes Invasionsgeschwader verteidigen. Auch eine spezielle Kampfstrategie haben die Wissenschaftler bereits nachgewiesen: Da die Bienen mit ihren Stacheln nur wenig ausrichten können, nehmen sie die Feinde in den Schwitzkasten. Sie bilden dazu eine Traube um eine Hornisse und erzeugen durch Muskelvibrationen tödliche Hitze.

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Akustischer Kommunikation auf der Spur

Wie die Forscher nun berichten, gehört offenbar auch ein spezielles kommunikatives Element zum Verteidigungssystem der asiatischen Honigbienen. Es ist bereits bekannt, dass Bienen auch akustisch Informationen übermitteln. Die Töne erzeugen sie dabei, indem sie ihre Körper in Vibration versetzen. Im Rahmen ihrer Untersuchungen an asiatischen Bienenvölkern in Vietnam haben die Wissenschaftler die Insekten deshalb auch durch Mikrophone in den Stöcken belauscht. Wie sie berichten, hört sich ein Bienenvolk normalerweise eher ruhig und gelassen an. Doch wie sie feststellten, ändert sich dies in charakteristischer Weise, wenn eine Riesenhornisse auftaucht: „Ich konnte kaum glauben, was ich da aus einem Meter Entfernungen aus einem Bienenstock hörte“, berichtet Co-Autor Gard Otis von der kanadischen University of Guelph.

Genauere Untersuchungen zeigten dann: Wenn die Bienen eines Volkes eine Riesenhornisse am Stock detektiert haben, steigt die Geräuschkulisse im Bienenstock im Vergleich zum Normalzustand auf ein achtmal höheres Niveau. Dabei sticht ein spezielles akustisches Element besonders heraus. Dieses neu entdeckten Signal klingt schrill und seine Frequenzen ändern sich abrupt, zeigten akustische Analysen. Es ähnelt damit Alarm-, Angst- und Panikrufen, die von Primaten, Vögel oder Erdmännchen als Reaktion auf Raubtiere bekannt sind, sagen die Forscher. „Die Signale sind auffällig und haben akustische Eigenschaften, die offenbar darauf abzielen, die Aufmerksamkeit der Koloniemitglieder zu erregen“, sagt Erstautorin Heather Mattila vom Wellesley College in den USA . „Auch für unsere menschliche Wahrnehmung vermitteln diese Laute dabei ein Gefühl der Dringlichkeit“, so die Forscherin.

Hornissenarten werden unterschieden

Interessanterweise konnten die Wissenschaftler auch zeigen, dass das akustische Muster offenbar spezifisch „Riesenhornissen-Alarm“ bedeutet. Denn die Bienen nutzen es nicht, wenn eine weniger gefährliche Hornissenart am Stock auftaucht: Vespa velutina erbeutet nur einzelne Bienen und rückt nicht nach dem Auskundschaften durch Späher im Geschwader an wie die Riesenhornissen. Offenbar können die Bienen demnach zwischen diesen beiden Hornissenarten unterscheiden und zeigen dann entsprechend unterschiedliche Reaktionen, erklären die Wissenschaftler.

Das Team stellte auch fest, dass die Bienen bei der Bildung des Riesenhornissen-Alarmtons ihren Hinterleib heben, mit den Flügeln summen und hektisch zu rennen beginnen. Außerdem legen sie dabei eine Geruchsstoff produzierende Drüse frei. Dies deutet darauf hin, dass sie zusätzlich zum Warnton weitere Wege der Informationsvermittlung nutzen, um die Aufmerksamkeit der Stockmitglieder zu gewinnen. Letztlich führt all dies dazu, dass sich der Staat auf einen bevorstehenden Angriff vorbereitet, geht aus den Beobachtungen hervor. So beginnen die Insekten mit dem Bau von Barrikaden aus Tierdung am Stockeingang.

Erneut verdeutlicht die Studie damit, zu welch hochentwickelten Verhaltensweisen und Kommunikationsformen auch Vertreter der Insekten fähig sind – eine Tiergruppe, die lange für eher simpel gehalten wurde. Das erstaunlich komplexe Signalsystem der Bienen wollen Otis und seine Kollegen nun auch weiter untersuchen: „Wir haben das Gefühl, dass wir nur die Oberfläche des Verständnisses ihrer Kommunikation angekratzt haben. Es gibt noch viel zu lernen“, sagt der Wissenschaftler.

Quelle: University of Guelph, Wellesley College. Fachartikel: Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.211215

Video: Asiatische Honigbienen reagieren lautstark auf einen Angriff von Riesenhornissen in Vietnam. (Credit: Heather Mattila/Wellesley College)

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