Wenn die Männchen der Listspinne (Pisaura mirabilis) auf Partnerinnensuche gehen, bringen sie ihrer Auserwählten immer ein Geschenk mit: Ein säuberlich in Spinnseide verpacktes Insekt soll der Spinnendame Appetit auf die Paarung machen. Doch ob dabei für das Weibchen nur der Inhalt zählt oder auch die möglicherweise mit Lockstoffen durchtränkte Verpackung, war unklar. Jetzt zeigen Experimente: Die fädige Hülle ist der Spinnendame egal. In der von Pheromonen geprägten Welt der Spinne ist dies äußerst ungewöhnlich.
Spinnen sind für ihr manchmal rabiates Paarungsverhalten bekannt. Häufig fressen die Weibchen ihre Partner nach dem Sex einfach auf, wie unter anderem bei der Schwarzen Witwe der Fall. Die Männchen wiederum versuchen diesem Schicksal zu entgehen, indem sie nach der Kopulation schnell das Weite suchen oder das Netz der Angebeteten in beruhigende Vibration versetzen. Bei vielen anderen Spinnenarten besteht die Schwierigkeit darin, die Partnerin erst einmal zu finden und dann von ihr erwählt zu werden.
Lockstoffe im Spinnfaden
Schon länger ist bekannt, dass bei der Partnersuche der Spinnen Pheromone eine wichtige Rolle spielen. Diese chemischen Signalstoffe werden beispielsweise von speziellen Spinnfäden der Weibchen freigesetzt, die diese in ihr Netz einweben oder wie im Fall der Listspinne (Pisaura mirabilis) frei von Zweigen herabhängen lassen. Die Männchen folgen dem Duft und können so paarungswillige Weibchen aufspüren.
Ob umgekehrt auch die Männchen der Listspinnen Lockstoffe nutzen, um potenzielle Partnerinnen gnädig zu stimmen, war bisher jedoch unklar. Bekannt ist nur, dass die Männchen selbst eine Art Balzfäden produzieren – ob mit oder ohne Pheromon war jedoch unbekannt. Außerdem spinnen die Männchen einen dichten Kokon aus Fäden, in den sie ihr Brautgeschenk für die Partnerin einpacken. Das Weibchen nimmt dieses Geschenk entgegen und verzehrt den Inhalt – beispielsweise ein saftiges Insekt – während der Paarung.
Keine Reaktion
Doch was entscheidet darüber, ob die Spinnendame das Geschenk annimmt? Ist es nur der schmackhafte Inhalt oder spielen Pheromone an der Verpackung dafür ebenfalls eine Rolle? Um das herauszufinden, haben Cristina Tuni von der Ludwig-Maximilians Universität München und ihr Team die Listpinnen getestet. Für ihr Experiment setzten sie Weibchen in Behälter mit männlichen Balzfäden, Spinnfäden aus dem Brautgeschenk der Männchen oder aber Fadenattrappen.
Es zeigte sich: Entgegen den Erwartungen reagierten die Weibchen weder auf die Balzfäden noch auf die Fäden aus den Brautgeschenken der Männchen. Sie ignorierten die Fäden einfach, wie die Forscher berichten. „Das Fehlen der weiblichen Reaktion auf die Spinnseide der Männchen könnte darauf hindeuten, dass die Spinnenmännchen gar keine chemischen Signale in diese Fäden integriert haben“, mutmaßen die Biologen. „Es könnte aber auch sein, dass Pheromone zwar präsent sind, aber dass dies bei den Weibchen keine Anziehung bewirkt.“
Welches dieser Szenarien zutrifft, muss nun in weiteren Untersuchungen geklärt werden. Klar scheint aber, dass beim Brautgeschenk dieser Spinnen offenbar eher der Inhalt zählt als der Duft der Verpackung. „Dies legt nahe, dass Männchen durch das Anbieten von Geschenken ausschließlich das Nahrungsinteresse der Weibchen ausnutzen“, sagt Tunis Kollegin Michelle Beyer.
Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachartikel: Behavioral Ecology and Sociobiology, doi: 10.1007/s00265-018-2454-1