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Stickstoff-Fußabdruck der Fleischproduktion ermittelt

Erde|Umwelt

Stickstoff-Fußabdruck der Fleischproduktion ermittelt
Gülle
Gülle wird in Deutschland meist ohne Vorbehandlung auf Acker- oder Grünlandflächen ausgebracht. © Markus Breig/ KIT

Bei der Massentierhaltung entweichen nicht nur viele Treibhausgase in die Atmosphäre, sondern es entstehen auch große Mengen an Gülle. Neueste Untersuchungen zeigen nun den direkten quantitativen Zusammenhang zwischen Fleischproduktion und dem über Gülle freigesetzten Stickstoff – und verraten so beispielsweise, welche Fleischsorten besonders viel stickstoffhaltige Gülle erzeugen. Diese Freisetzung belastet nicht nur die Umwelt, sondern bedeutet auch den Verlust eines wichtigen Rohstoffs.

Schon lange ist bekannt, dass sich Massentierhaltung schädlich auf die Umwelt und das Klima auswirkt, denn vor allem Rinder stoßen größere Mengen Methan aus. Als Folge wird dieses potente Treibhausgas in die Atmosphäre freigesetzt. Doch bei der Viehhaltung entstehen auch große Mengen an Gülle, die in der Landwirtschaft als Düngemittel eingesetzt werden. Dadurch wird zum einen das ebenfalls klimaschädliche Lachgas emittiert, aber vor allem gelangen Stickstoffverbindungen wie Ammoniak und Nitrat in die Umwelt. Dies bringt nicht nur den Stickstoffhaushalt der Böden und Flüsse aus dem Gleichgewicht, sondern bedeutet auch einen Verlust des wertvollen Stickstoffs, der sonst nur durch aufwendige chemische Techniken zu gewinnen ist.

Dem Gülle-Stickstoff auf der Spur

Doch wie groß ist der Gülle-Fußabdruck der Fleischproduktion konkret? „Obwohl viele Studien bereits die Menge der Stickstoffabfälle durch die Produktion von Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch vorausgesagt haben, wurde bisher nur wenig über den direkten Zusammenhang mit der Erzeugung von Gülle und den damit verbundenen Stickstoffverlusten geforscht“, erklärt Prantik Samanta vom Karlsruher Institut für Technologie. Er und seine Kollegen haben daher untersucht, wie viel Stickstoff über das Ausbringen von Gülle bei der Rind-, Schweine- und Geflügelproduktion tatsächlich die Umwelt verschmutzt. Dafür nutzten sie einen sogenannten virtuellen Stickstofffaktor (VNF), der den Verlust von Stickstoff an die Umwelt direkt mit dem Stickstoffgehalt pro produziertem Kilogramm Fleisch ins Verhältnis setzt.

Die Ergebnisse zeigen, dass Gülle, die bei der Rindfleischproduktion entsteht, in den meisten Teilen der Welt den größten Stickstoff-Fußabdruck hinterlässt. Der Stickstoffverlust betrug das Dreifache der Schweinefleischproduktion und sogar das Achtfache der Geflügelfleischherstellung. Samanta und seine Kollegen führen dies auf den höheren Futtermittelbedarf und den gesteigerten Stoffwechselumsatz von Rindern zurück. „Die Stickstoffverluste bei der Schweine- und Geflügelfleischerzeugung sind hingegen eher auf die schlechten Verwaltungsprozesse beim Dünger zurückzuführen als auf das Futter und die Verdauung der Tiere“, erklären Samanta und sein Team.

Teurer Stickstoffverlust

Ein zusätzlicher Vergleich zwischen mehreren Ländern zeigte, dass bei der Rindfleischproduktion in Japan der meiste Stickstoff über Gülle in die Umwelt freigesetzt wird, da die Techniken zur Konservierung von Stickstoff dort nur wenig effizient sind. Auf Japan folgt Australien, deren hoher Stickstoffverlust hauptsächlich auf den hohen Konsum von Rindfleisch zurückzuführen sei. „Die USA und die EU-Länder, wie Deutschland, das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Österreich, haben aufgrund ihrer fortschrittlichen Behandlungsverfahren hingegen hohe Rückgewinnungsraten für Stickstoff“, berichten Samanta und seine Kollegen.

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Die Forschenden haben außerdem berechnet, wie viel Energie nötig wäre, um den Stickstoff aus der Gülle zurückzugewinnen und somit die Umweltbelastung weitgehend zu minimieren. „Bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch verbleiben 140 Gramm Ammoniumstickstoff in der Rindergülle. Um diesen zurückzugewinnen, benötigen wir sieben Kilowattstunden an Energie. Zum Vergleich: Die Deutschen verbrauchen pro Kopf im Durchschnitt etwa 29 Kilowattstunden Strom pro Woche“, erklärt Samanta. Bei der Behandlung von Schweine- und Geflügelgülle sinke der Energiebedarf hingegen deutlich auf unter 0,8 bis drei Kilowattstunden.

Fleischpreise erhöhen?

Die großen Mengen an Gülle, die in der Fleischproduktion anfallen, führen also zu einem großen Verlust von Stickstoff, der bisher noch gar nicht in Zahlen ausgedrückt wurde und sich dementsprechend auch nicht in der Preiskalkulation von Fleisch widerspiegelt. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, wie hoch der Energieverbrauch für die Güllebehandlung wäre, um den gesamten Stickstoff-Fußabdruck in der Tierhaltung zu verringern“, sagt Samanta. Zurzeit werde dieser Energiebedarf bei der Preisbildung nicht berücksichtigt: „Bezöge man ihn ein, müsste der Fleischpreis, je nach Fleischsorte, um 0,20 bis 1,50 Euro pro Kilo steigen“.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie; Fachartikel: Water 2022, doi: 10.3390/w14081278

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