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Suche nach der „Pille für den Mann“

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Suche nach der „Pille für den Mann“
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Das gilt es zu verhüten: Spermium vor dem Eindringen in die Eizelle (Grafik: sashinw/iStock)
Schon seit Jahren arbeiten Forscher an der „Pille für den Mann“. Doch die Entwicklung eines solchen Verhütungsmittels ist kniffliger als lange gedacht. Nur ein Wirkstoffkandidat wird zurzeit in einer größeren klinischen Studie getestet – und die jetzt veröffentlichten Ergebnisse fallen bestenfalls gemischt aus. Die im Achtwochen-Takt verabreichten Hormonspritzen hemmen zwar die Spermienproduktion und verhinderten unerwünschte Schwangerschaften. Gleichzeitig hatten sie aber erhebliche Nebenwirkungen.

Als Anfang der 1960er Jahre die ersten Antibabypillen auf den Markt kamen, brach eine neue Ära an. Dank der hormonellen Verhütung konnte nun das Risiko unerwünschter Schwangerschaften stark reduziert werden. „Sex ohne Reue“ wurde nun möglich und eine Zeit neuer sexueller Freizügigkeit brach an. Allerdings: Seit Erfindung der „Pille“ ist es nun vorwiegend die Frau, die für die Verhütung sorgen muss und die die Nebenwirkungen zu spüren bekommt. Um dies zu ändern, arbeiten Forscher nun schon seit mehr als 50 Jahren an einem Gegenstück für die Antibabypille – einer „Pille für den Mann“. Bisher jedoch ohne echten Erfolg. Zwar haben Wissenschaftler in den letzten Jahren bei Mäusen schon mehrfach vielversprechende Ansatzstellen für ein Verhütungsmittel entdeckt, darunter eine Substanz, die die Spermienbildung effektiv, aber reversibel unterbindet oder eine andere, die die Spermien am Eindringen in die Eizelle hindert. Diese Wirkprinzipien ließen sich bisher jedoch nicht auf den Menschen übertragen. Momentan gibt es nur einen einzigen Kandidaten, der in einer klinischen Studie mit Menschen getestet wird – und von dieser Studie gibt es nun erste Ergebnisse.

Das getestete Verhütungsmittel für den Mann beruht – ähnlich wie die Antibabypille – auf einer Gabe von Hormonen. Es besteht aus einer Kombination von 200 Milligramm Progesteron (Norethisteron-Enanthat) und 1.000 Milligramm eines Testosteron-Derivats. Beide Hormone werden in den Hoden und den Nebennieren gebildet und spielen eine Rolle für die Spermienbildung des Mannes. Werden sie von außen im Übermaß zugeführt, beeinträchtigt dies den körpereigenen Hormonhaushalt und als Folge werden kaum noch Spermien im Hoden produziert. Der Mann wird vorübergehend unfruchtbar – so die Theorie. Ob das in der Praxis funktioniert, wurde nun in einer sogenannte Phase-II Studie getestet. Dafür erhielten 320 gesunde Männer zwischen 18 und 45 Jahren alle acht Wochen zwei Spritzen mit den beiden Hormonen. In regelmäßigen Abständen – erst alle zwei, dann alle acht Wochen – lieferten die Teilnehmer Ejakulatproben ab, damit die Spermienzahl ermittelt werden konnte. Insgesamt 56 Wochen dauerte die Studie.

Wirksam, aber…

Das Ergebnis: Nach mehreren Injektionen ging die Spermienzahl der Teilnehmer deutlich zurück. Innerhalb von 24 Wochen sank ihre Zahl auf weniger als eine Million pro Milliliter Ejakulat, wie die Tests ergaben. Damit sei die Fruchtbarkeit nur noch sehr gering, erklären die Forscher. Sobald die Männer diese Schwelle erreicht hatten, wurden sie und ihre Partnerinnen daher gebeten, auf zusätzliche Verhütungsmittel zu verzichten. „Die hormonelle Verhütung war dabei in 96 Prozent der Fälle erfolgreich“, berichten die Wissenschaftler. „Die Studie hat gezeigt, dass ein hormonelles Verhütungsmittel für den Mann möglich ist“, sagt Studienautor Mario Festin von der Weltgesundheitsorganisation WHO. „Unsere Ergebnisse haben die Wirksamkeit dieser Verhütungsmethode bestätigt, die bisher nur aus kleineren Vorstudien bekannt war.“

Es gibt jedoch ein großes Aber: Im Laufe der Zeit entwickelten viele der Männer erhebliche Nebenwirkungen, wie die Forscher einräumen. Die Spanne reichte von relativ harmlosen Symptomen wie Schmerzen an der Injektionsstelle, vorübergehenden Muskelschmerzen und verstärkter Akne bis zu bedeutend schwerwiegenderen Folgen wie Depressionen und Stimmungsveränderungen. Diese Nebenwirkungen waren so häufig, dass die Wissenschaftler ab 2011 aus Vorsicht keine neuen Teilnehmer mehr in die Studie aufnahmen. Sie halten das Konzept dieser Verhütung für den Mann zwar noch immer für sinnvoll und wirksam, räumen aber ein, dass es hier noch weiteren Forschungsbedarf gibt: „Auch wenn die Injektionen unerwünschte Schwangerschaften effektiv verhinderten, muss diese Hormonkombination noch weiter untersucht werden, damit wir die richtige Balance zwischen Sicherheit und Wirksamkeit finden“, sagt Festin. Mit anderen Worten: Von einer echten „Pille für den Mann“ sind auch sie noch weit entfernt. Die Suche nach geeigneten Konzepten muss weitergehen.

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Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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