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Tastsinn denkt mit

Erde|Umwelt Gesellschaft|Psychologie

Tastsinn denkt mit
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Spielen Probanden ein Puzzle, dessen Teile mit Sandpapier umwickelt sind, und lesen anschließend einen Dialog, so fällt dessen Bewertung entsprechend rau aus: Die Konversation wird als schwierig empfunden. Teile Foto: Science/AAAS
Ob Gewicht, Gestalt oder Beschaffenheit von Objekten in unseren Händen ? der Tastsinn hat einen großen Einfluss auf das Verhalten des Menschen. Ein US-Forscherteam hat anhand einer Reihe von Verhaltensexperimenten herausgefunden, dass der Tastsinn unbewusst die Eindrücke und Entscheidungen des Menschen lenkt. Dieses Verhalten ist ein Relikt aus der frühesten Kindheit, denn der Tastsinn stellt den ersten Kontakt eines Säuglings mit der Außenwelt dar.

Ist von „schwer wiegenden Bedenken“ oder einer „gewichtigen Angelegenheit“ die Rede, so wird an das Gefühl von Last appelliert, um Ernsthaftigkeit und Wichtigkeit auszudrücken. Um nun den Einfluss von Gewichtsempfindungen auf das menschliche Verhalten zu ermitteln, wurden von Forschern um Joshua Ackerman vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge zwei Gruppen von Probanden ein Klemmbrett für Unterlagen ausgehändigt ? eine Gruppe erhielt ein leichtes Klemmbrett, die andere ein zwei Kilogramm schweres. Im Anschluss wurde ein Bewerbungsgespräch simuliert, bei dem den Teilnehmern ein Arbeitssuchender vorgestellt wurde. Im Gegensatz zur Gruppe mit dem leichten Klemmbrett stuften die meisten Probanden mit dem schweren Notizbrett den Bewerber als höher qualifiziert ein. Auch waren sie der Ansicht, dass dessen Ausstrahlung ein ernsthaftes Interesse an der angebotenen Stelle vermittelt hatte.

In einem weiteren Experiment lasen die Versuchsteilnehmer eine Textpassage durch, in der zwei Personen ein Gespräch miteinander führten. Vor dem Lesen wurden sie aufgefordert, ein einfaches fünfteiliges Puzzle zu lösen. Wie beim ersten Test gab es zwei unterschiedliche Gruppen: Einem Teil der Probanden wurde ein Puzzle ausgehändigt, bei dem die einzelnen Teile mit Sandpapier umwickelt waren, der Vergleichsgruppe wurden angenehme, weiche Teile ausgehändigt. Die Sandpapier-Gruppe bewertete die von ihnen gelesene Konversation als eher schwierig und rau ? entsprechend der Beschaffenheit der Puzzleteile.

Im dritten Experiment durften es sich die Probanden mehr oder weniger gemütlich machen. Während ein Teil der Versuchsteilnehmer in weichen Polstersesseln Platz nahm, wurden die anderen auf harte Stühle gebeten. In der nun geführten Preisverhandlung zeigten sich die unbequem Platzierten deutlich weniger kompromissbereit.

Die Beurteilung von Personen und Eindrücken, die durch den Tastsinn beeinflusst wird, sei eine Weiterführung der Erfahrungen aus frühester Kindheit, erklärt Co-Studienautor Christopher Nocera. Tasten sei der erste Sinn, mit dem Menschen die Welt wahrnehmen, beispielsweise vermittle die weiche und sanfte Berührung durch die Mutter dem Säugling Sicherheit und Wohlbefinden. Der Tastsinn dürfte damit ein grundlegender Teil des komplexen Prozesses geworden sein, mit dem der Mensch durch Berührungen ein abstraktes Verständnis seiner Umwelt erlangt.

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Joshua Ackerman (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge) et al.: Science, doi: 10.1126/science.1189993 ddp/wissenschaft.de ? Gwydion Brennan
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