natur: Herr Haszprunar, muss man in den tropischen Urwald fahren, um neue Arten zu entdecken?
Haszprunar: Nein, wir finden dauernd neue Arten – und zwar in den Lagern unserer bestehenden Sammlung.
Wie das?
Zu unseren 25 Millionen Inventareinheiten kommen stetig neue dazu. Vor zwei Jahren zum Beispiel eine private Schmetterlingssammlung von über drei Millionen Exemplaren. Und in den Neuzugängen finden sich immer wieder unbeschriebene Arten. Im Moment harren wohl einige tausend Fundstücke ihrer Bearbeitung.
Wie geht so etwas praktisch vor sich?
Sie müssen das Insekt oder die Pflanze, die noch kein Etikett hat, mithilfe ihrer spezifischen Ökologie, ihrer Genetik und ihrer Morphologie einordnen und beschreiben. Das bedeutet aber auch, wissenschaftliche Literatur aus 250 Jahren zurate zu ziehen. Vielleicht hat die Art ja doch schon jemand beschrieben. Erst dann vergeben wir einen Namen.
Haben Sie selbst schon eine neue Art entdeckt?
In der Sammlung nicht, aber im Freiland habe ich eine 1,5 Millimeter lange, bis dahin unbekannte Nacktschnecke gefunden.
Zum Gesprächspartner
Prof. Gerhard Haszprunar ist Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns in München.
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