Manche Zeitgenossen können sich fürchterlich aufregen über die Faunenverfälschung ihrer Heimat. Möglicherweise schauen sie dabei auf den Flieder in ihrem Garten, streicheln das Meerschweinchen des Töchterchens oder beißen in eine Tomate aus eigenem Anbau.
Dabei sind alle diese Arten genauso wenig heimisch wie das Indische Springkraut oder der Fasan. Manche sind nur früher als andere über die Weltmeere gekommen oder wurden hinübergebracht. Die Biologin Birgit Pelzer-Reith hat eine amüsante Fallsammlung des interkontinentalen Artenverkehrs zusam-mengestellt. Wer sich durch ihr Buch geschmunzelt und gestaunt hat – etwa über einen Frachter mit 135 000 Schafen an Bord –, wird die Lebenswelt um sich herum mit anderen Augen sehen.
Dabei war nicht einmal die globale Schifffahrt nötig, damit Pflanzen und Tiere neue Kontinente eroberten. Oft reichten Wind und Wellen und schwimmende Baumstämme. Der Mensch kam erst später als treibende Kraft hinzu, zum Beispiel, als Kolumbus in Amerika an Land ging, wo es seit 1000 Jahren keine Pferde mehr gab. Schon seit römischen Glanzzeiten beschenkten sich Fürsten und Herrscher über Ozeane hinweg mit Exoten – eine Tradition, die der Tier- und Blumenhandel bis heute weiterführt. Dem Arten-Crossover verdanken wir Glücksfälle wie die Verbreitung der Weinrebe, aber auch Katastrophen wie die Kaninchenplage in Australien.
Die gut 200 Seiten lesen sich flüssig. Und wer Informationen über spezielle Arten sucht, der wird im ausführlichen Register rasch fündig. Jürgen Nakott
Birgit Pelzer-Reith TIGER AN DECK Mare, Hamburg 2011 224 S., € 19,90 ISBN 978–3–86648–128–2