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Ultraschall als Hirndoping

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Ultraschall als Hirndoping
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Ultraschall beeinflusst die Sinneswahrnehmung (SXC)
Ultraschall kennen wir meist als Diagnosehilfe beim Arzt, vielleicht noch als Echoortungssystem einiger Tiere. Doch jetzt zeigt ein Experiment, dass konzentrierte Schallwellen auch aktiv in unsere Wahrnehmung eingreifen können: Wurde bei Probanden ein bestimmter Hirnbereich fokussiertem Ultraschall ausgesetzt, konnten diese plötzlich feinste Tastreize besser erkennen und unterscheiden als zuvor. Von dieser die Wahrnehmung und Hirnaktivität verändernden Wirkung waren selbst die Forscher überrascht.

Ultraschall gilt als wertvolle Hilfe, wenn es darum geht, Strukturen in unserem Inneren sichtbar zu machen. In vielen Bereichen der Medizin gehört dieses schonende bildgebende Verfahren daher längst zum Alltag. In der Hirnforschung allerdings wurde es bisher kaum eingesetzt. Das wollten Wynn Legon vom Virginia Tech Carilion Research Institute in Roanoke und seine Kollegen ändern. „Ultraschall hat ein großes Potenzial, um die Verbindungen im Gehirn mit bisher unerreichter Auflösung zu kartieren“, erklärt Seniorautor William Tyler. Dafür kann es hilfreich sein, bestimmte Hirnregionen kurzzeitig und reversibel außer Gefecht zu setzen, um zu testen, welche Hirnfunktionen davon betroffen sind. Erreicht wird dies heute meist durch starke Magnetfelder in Form der sogenannten transkraniellen Magnetstimulation. Das Problem dabei: Diese Felder lassen sich schlecht fokussieren, sie legen immer gleich ein mehrere Quadratzentimeter großes Gebiet des Denkorgans lahm.

Tyler und seine Kollegen testeten daher, ob sich dieser Effekt auch per Ultraschall erreichen lässt. Dafür richteten sie fokussierten Ultraschall von 0,5 Megahertz auf das Hirnareal von Probanden, das Tastreize von der Hand verarbeitet. Anschließend maßen sie anhand der Hirnströme, ob und wie sich die Hirnaktivität an dieser Stelle veränderte. Wie sich zeigte, flachten die EEG-Signale durch den Ultraschall tatsächlich ab, die Hirnaktivität war gedämpft. Aber wie wirkte sich das auf die Sinneswahrnehmung der Probanden aus? Um das zu untersuchen, führten die Forscher zwei klassische Tests durch: Im ersten berührten sie die Haut am Handrücken der Teilnehmer mit zwei feinen Sonden in immer kleineren Abständen und prüften, ab wann diese Reize nicht mehr räumlich getrennt, sondern nur noch als ein Berührungsreiz wahrgenommen wurden. Im zweiten Test sollten die Probanden angeben, ab wann sie in immer kürzeren Abständen auf die Haut gepustete Luftstöße nur noch als einen durchgehenden Luftstrom spürten.

Besseres Gespür für Tastreize

Das Ergebnis verblüffte selbst die Forscher: Durch den Ultraschall konnten die Probanden plötzlich diese Tastreize besser auflösen als zuvor. Sie erkannten nun Berührungen selbst dann noch als räumlich oder zeitlich getrennt, die normalerweise für uns nicht mehr unterscheidbar wären. „Diese Beobachtung hat uns überrascht“, sagt Tyler. Denn obwohl die Hirnströme durch den Ultraschall gedämpft wurden, verbesserte sich gleichzeitig die Wahrnehmung. „Das erscheint geradezu paradox“, so Tyler. Er und sein Kollegen glauben aber, eine Erklärung für diesen seltsamen Effekt gefunden zu haben. Sie vermuten, dass der Ultraschall das Gleichgewicht zwischen hemmenden und erregenden Schaltstellen in diesen Hirnareal verändert hat. Dadurch blieb die von den verschiedenen Reizen ausgelöste Aktivierung lokal begrenzter und war damit auch leichter zuzuordnen – die Auflösung der Wahrnehmung erhöhte sich.

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Nach Angaben der Forscher ist dies der erste Beleg dafür, dass bereits gering dosierter Ultraschall die menschliche Hirnaktivität so beeinflussen kann, dass die Wahrnehmung verbessert wird. „In der Neurowissenschaft ist es einfach, Dinge zu stören: Wir können Sie ablenken, betäuben oder Ihnen optische Illusionen vorgaukeln“, erklärt Tyler. Es sei einfach, Dinge zu verschlechtern, aber sehr schwer, sie zu verbessern. Mit dem Ultraschall sei dies aber nun gelungen. Das aber bedeutet nicht, dass wir künftig alle mit Ultraschallkappen fürs Hirndoping ausgerüstet herumlaufen werden. Die Forscher sehen darin vor allem ein wichtiges neues Instrument, um die Funktion unseres Denkorgans künftig noch genauer untersuchen zu können.

 

 

 

 

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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