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Und dann legte ich mich auf die Lauer

GDT Naturfotograf 2013

Und dann legte ich mich auf die Lauer
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Copyright Foto: Hermann Hirsch
Der 18jährige Hermann Hirsch hat dieser Tage den Preis der Gesellschaft Deutscher Naturfotografen gewonnen. Vor ein paar Wochen berichtete er auf natur.de von seiner Arbeit. Seinen Text und seine Fotos präsentieren wir hier noch einmal: Erzählt wird, wie er nahe seiner Heimatstadt Dortmund vor zwei Jahren einen Fuchsbau fand und sich Dutzende Male auf die Lauer legte – für das perfekte Foto (das prämierte Bild findet sich am Ende des Artikels).

Von Hermann Hirsch

Der Fuchs hat es oft nicht leicht. Er wird stark bejagt, seine Lebensräume und Nahrungsangebote verknappen sich häufig, Krankheiten setzen ihm zu und auch im Volksmund ist er nicht gerade beliebt. Aber in Wahrheit ist der Fuchs ein sehr schlaues, schönes und zu unrecht so häufig gehasstes Tier!

Im Frühjahr 2011 fing ich an, Fuchsbauten in meiner direkten Wohnumgebung in Dortmund zu suchen, um ein Fotoprojekt zu starten, das mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte. Einen schönen Fuchsbau zu finden, der im Optimalfall möglichst ungestört liegt und abends noch etwas Sonne abbekommt, ist eine nicht ganz leichte Aufgabe, da in einer Stadt wie Dortmund jede noch so kleine Grünfläche von häufig leider sehr rücksichtslosen Hundebesitzern frequentiert und somit für Füchse beinahe unbewohnbar wird.

Plötzlich kamen die Racker aus der Höhle

Ich verließ schweren Herzens Deutschland und „meine“ Füchse, um im Norden Küstenseeschwalben zu fotografieren. Als ich wieder zurück kam, war selbstverständlich meine erste Tat, die Füchse besuchen zu gehen. Zu meiner Enttäuschung konnte ich keine Füchse entdecken – sie waren ausgezogen und selbständig geworden. Von den Erlebnissen aus 2011 angespornt, machte ich mich im Frühjahr 2012 noch früher als im vergangenen Jahr auf die Suche nach den kleinen roten Vierbeinern.

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Am selben Bau wie im Jahr zuvor schienen sie nicht zu sein, doch am Nachbarbau, der keine 100 Meter neben dem alten lag, tat sich etwas. Mit der Wildkamera observierte ich über Wochen das Verhalten der Fähe, die den Bau regelmäßig besuchte und auch das eine oder andere Junge konnte ich nachweisen. Leider kamen die Jungen so gut wie gar nicht im Tageslicht an die frische Luft, was das Fotografieren für mich unmöglich machte.

Es verging Woche für Woche und die Füchse wuchsen heran, ich blieb jedoch ohne brauchbare Fotos! Bei meinem 67. Besuch des Baus sah ich endlich, worauf ich so lange gewartet hatte: Drei junge Füchse spielten vor dem schönsten der vier Eingänge des Baus drei Stunden lang vor dem Sonnenuntergang.

Feline3_250.jpgDirekt am nächsten Tag saß ich mit voller Kameraausrüstung bereit. Die Kleinen kamen nicht. Es dämmerte … nichts! Als ich gerade einpacken wollte, kamen zwei der Racker raus, schnupperten kurz, lieferten sich eine kleine Rangelei und waren schon wieder verschwunden. Es sollten die einzigen schönen Momente sein, die ich 2012 zusammen mit Füchsen verbringen durfte.

Am Folgetag war ich natürlich wieder vor Ort und sah schon aus der Entfernung einen Jungfuchs etwa zehn Meter vom Bau entfernt auf dem Boden liegen und ruhen. Ich näherte mich, was der Kleine völlig ignorierte. Aus einer Entfernung von zehn Metern beobachtete ich ihn. So langsam begann ich mich zu wundern, denn auch wenn Jungfüchse zumeist keine große Scheu haben, so sind sie doch an allem Neuen immer sehr interessiert.

Machtlos im Anblick einer Tragödie

Offensichtlich stimmte hier etwas nicht; es ging dem kleinen Jungfuchs ganz und gar nicht gut. Er versuchte aufzustehen, was ihm nicht richtig gelang. Immer wieder brachen seine Beine weg, fiel er um. Er schleppte sich ins Feld, um dort völlig apathisch kleine Kreise zu ziehen und sich letztendlich geschützt zwischen dem Getreide auf den Boden zu legen. Er sollte nicht mehr aufstehen.

Es folgten qualvolle Momente, in denen der Kleine von Krämpfen geschüttelt auf dem Boden lag und jaulende Laute von sich gab. Während die Muskelkrämpfe wie Blitze durch seinen Körper schossen, saß ich in einiger Entfernung und fühlte mich vollkommen hilflos. Nach vierzig schrecklichen Minuten des Leidens hörte das Jaulen auf – der Fuchs war tot.

Es ist recht wahrscheinlich, dass all seinen Geschwistern dasselbe widerfahren ist, da die Symptome auf Staupe, eine Virusinfektion, hindeuten, die sich unter den Kleinen sehr schnell verbreitet. Hierbei konnte ich leider nichts tun, da selbst wenn ein Tierarzt sofort herbeigeeilt wäre er bei einem Jungtier keine sichere Behandlung hätte durchführen können. Sich diese Tragödie anschauen und völlig machtlos daneben stehen zu müssen, war sehr hart. Natürlich war das nicht die Saison, die ich mir vorgestellt hatte. Das Projekt für 2012 ist mit den Jungfüchsen gemeinsam gestorben.

Ich war 2012 in drei Monaten 70 Mal am Bau, was ungefähr einer Zeit von 50 Stunden entspricht. Der Traum, meine Fuchsserie aus dem vorherigen Jahr fortzusetzen, ist also trotz sehr großer Vorbereitungsmaßnahmen auf traurige Art und Weise zumindest für dieses Jahr gescheitert.

Ich erhoffe mir – und besonders für die Füchse, die ich so liebe – ein besseres Frühjahr 2013. Dann hoffentlich mit so schönen Ergebnissen wie im Jahr 2011, als ich die Füchse bei den ersten Wochen ihres Lebens begleiten durfte.

alle Fotos: Copyright Hermann Hirsch

Zum Fotografen
Hermann Hirsch, 18 Jahre, ist Schüler in Dortmund. Mehr Fotos finden sich auf seiner Internetseite und auf seinem Konto bei Facebook.

Das prämierte Bild:

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