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Unerwartete Gewalt unter Schimpansenweibchen

Erde|Umwelt

Unerwartete Gewalt unter Schimpansenweibchen
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Die Tötung von Jungtieren durch Schimpansen-Weibchen sind scheinbar keine Einzelfälle. Foto: Katie Slocombe
In Schimpansengruppen wird Kindstötung nicht wie bislang angenommen nur von Männchen verübt, sondern unter bestimmten Bedingungen auch von Weibchen: Schottische Biologen haben bei wildlebenden Schimpansen in Uganda in einem Fall direkt beobachtet, wie mehrere Weibchen einen fremden Säugling töteten, und in zwei weiteren Fällen eindeutige Hinweise auf ein solches Verhalten gefunden. Zwar hatte bereits die bekannte Schimpansenforscherin Jane Goodall in den 1970er-Jahren über ähnliche Fälle berichtet, sie jedoch als krankhaftes Verhalten der beiden betreffenden Weibchen interpretiert. Die neuen Beobachtungen deuten nun allerdings darauf hin, dass solche Kindstötungen keineswegs Einzelfälle sind, so die Forscher.

Im Februar 2006 beobachteten die Wissenschaftler, wie sechs Weibchen einer lokalen Gruppe ein fremdes Weibchen attackieren, das einen etwa eine Woche alten Säugling auf dem Bauch trug. Als das Opfer nach einer Verletzung zu fliehen versuchte, wurde es von den Angreiferinnen verfolgt, gestellt und nach einem weiteren heftigen Kampf von seinem Jungtier getrennt. Anschließend tötete eines der ortsansässigen Weibchen das Junge mit einem Biss in den Kopf. Ähnliche Vorfälle gab es im März 2004, als die Biologen einige Weibchen beim Kampf um den Kadaver eines Jungtiers beobachteten, das ebenfalls durch einen Biss in den Kopf gestorben war, und im Juli 2006. Damals fanden die Wissenschaftler nach einem heftigen Kampf zwischen mehreren Weibchen nur noch Teile der Leiche eines kurz zuvor geborenen Säuglings.

Die Tötungen waren keine Begleiterscheinung von Aggressionen durch Männchen, berichten die Forscher ? im Gegenteil: In einem Fall hatte eines der älteren Männchen vergeblich versucht, die Kämpfenden zu trennen. Auch die Beteiligung Fremder konnten die Forscher ausschließen. Es müsse sich daher um ein natürliches Verhaltensmuster der Weibchen handeln, so ihre Interpretation.

Da in zwei Fällen Weibchen beziehungsweise deren Jungtiere, die nicht zur Gruppe gehörten, Ziel der Angriffe waren, dienten die Aggressionen der Weibchen möglicherweise dazu, die Konkurrenz um Futter und Paarungspartner zu verringern. Diese hatte in der beobachteten Gruppe in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen, da ungewöhnlich viele Weibchen mit ihren Jungtieren zur Gruppe gestoßen waren. Dadurch verschob sich das Geschlechterverhältnis Männchen zu Weibchen von 1:1 auf 1:3. Die Ergebnisse zeigten, dass die Fähigkeit, bewusst tödliche Angriffe herbeizuführen, nicht wie bislang angenommen eine rein männliche Eigenschaft ist, sondern unter bestimmten Bedingungen auch bei Weibchen vorkommen kann, so die Forscher.

Simon Townsend (University of St. Andrews) et al.: Current Biology, Bd. 17, S. R355 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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