Ursache für die BSE-Epidemie, der über 280.000 Rinder in den letzten Jahrzehnten zum Opfer fielen, war infiziertes Tiermehl, das an die Rinder verfüttert wurde. Auch Menschen können sich über die Nahrung anstecken, wenn sie zum Beispiel Rindfleisch von an BSE-erkrankten Kühen essen: Fast 300 Menschen sind auf diese Weise gestorben, in Deutschland glücklicherweise bislang keiner. Auch bei einer Operation kann es durch kontaminierte chirurgische Instrumente oder in seltenen Fällen bei einer Bluttransfusion zu einer Infektion kommen.
Um zu testen, ob auch eine Übertragung von Prionen über die Luft möglich ist, ließen die Forscher nun Mäuse ein einer Inhalationskammer Aerosole einatmen, die feinstzerkleinerte Partikel kranker Mäusegehirne enthielten. Überraschend waren zwei Dinge, so die Wissenschaftler: Die Kürze der Zeit – bereits nach einer Minute waren alle Tiere infiziert – und ein klarer Dosiseffekt. Je länger nämlich die Mäuse der krankmachenden Luft ausgesetzt waren, desto schneller entwickelten sie die Krankheitszeichen.
Bisher hatten Forscher angenommen, dass Abwehrzellen immer eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen, egal auf welchem Weg die Ansteckung erfolgt: Die Immunzellen sind für die Vermehrung der Prionen und das nachfolgende Eindringen in Nervenendigungen und Gehirn notwendig. Daher untersuchten die Wissenschaftler jetzt, ob das Abwehrsystem auch bei der Übertragung der Krankheitserreger über den Luftweg eine Rolle spielt: Sie wiederholten ihre Experimente mit genetisch veränderten Mäusen, denen bestimmte Anteile des Immunsystems fehlen. Das unerwartete Ergebnis: Das Abwehrsystem spielte keine Rolle bei der Verbreitung der Krankheitserreger. Daraus folgern die Forscher, dass die Prionen direkt über die Atemwege ins Gehirn gelangen. Möglicherweise spielen die freiliegenden Nervenenden des Riechnervs in der Nase dabei eine Rolle.
Das heiße aber noch nicht, dass man sich mit BSE und Co ähnlich wie mit einer Grippe anstecken kann – man wisse schließlich noch nicht, ob erkrankte Patienten Prionen mit der Atemluft ausscheiden, betont Lothar Stitz: „Das erscheint mir eher unwahrscheinlich, denn dazu müssten erhebliche Mengen von Prionen in Körperflüssigkeiten vorhanden sein und gleichzeitig Bedingungen für eine Aerosolbildung bestehen.“ Allerdings sollten etwa in Schlachtbetrieben, die mit Nervengewebe umgehen, keine Hochdruckreiniger ohne gleichzeitige Schutzmaßnahmen eingesetzt werden.