Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Unterschätzte Belastung: Feinstaub in Innenräumen ist häufig gefährlicher als in der Außenluft

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Unterschätzte Belastung: Feinstaub in Innenräumen ist häufig gefährlicher als in der Außenluft
raum.jpg
(Foto: Pixelquelle)
In Wohnungen, aber auch in öffentlichen Gebäuden liegt die Feinstaubbelastung oft doppelt so hoch wie im Freien. Dabei ist die dicke Luft in den Innenräumen vermutlich sogar schädlicher als draußen, zumal viele Menschen die meiste Zeit des Tages in Häusern verbringen.

Beim Wörtchen „Feinstaub“ gilt der erste Gedanke den Dieselautos. Schließlich stoßen sie jene unsichtbaren Rußpartikel aus, die Asthma auslösen, die Lungen reizen und gar das Leben verkürzen. Doch die Konzentration an Feinstaub ist im Freien oft niedriger als in Haushalten, Kindergärten und Schulen. Das ergaben Untersuchungen der Landesbehörden und eine Studie des Deutschen Allergie und Asthmabundes (DAAB).

So untersuchte die Gesellschaft für Umwelt- und Innenraumanalytik (GUI) im Auftrag des DAAB den Feinstaub in hundert Haushalten in Nordrhein-Westfalen. In jeder dritten Wohnung lag die Konzentration über 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Dieser Grenzwert darf im Freien lediglich an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. „Wir haben aber Wohnungen vorgefunden, in denen an jedem Tag im Jahr mehr Staub in der Luft schwebt“, betont Andreas Winkens, Umweltingenieur bei der GUI, gegenüber der Nachrichtenagentur ddp. „Der Innenraum kommt in den gegenwärtigen Diskussionen viel zu kurz“, moniert Winkens.

Ähnlich alarmierende Befunde präsentierte das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit in Berlin Ende Juni 2006. Die Behörde hatte den Feinstaub in vierzig Berliner Schulen analysiert. In fast allen Klassenzimmern wurde der Wert von 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft bei den Messungen überschritten. Im Mittel lag die Konzentration doppelt so hoch wie in der unmittelbaren Umgebung der Schulen in der Außenluft.

Besonders dicke Luft herrscht in Raucherwohnungen und Büros. Hier wurden bis zu 1.000 Mikrogramm je Kubikmeter entdeckt. „Die Feinstaubgehalte sind drinnen oft höher als draußen“, bekräftigt Heinz-Jörn Moriske, Leiter des Referats Innenraumlufthygiene am Umweltbundesamt in Berlin. Da der Mensch 90 Prozent seiner Zeit in geschlossenen Räumen verbringt, habe die schlechte Luft im Inneren eine „weitaus größere gesundheitliche Bedeutung“, findet Obenland.

Anzeige

Der Feinstaub setzt sich aus Abermilliarden unsichtbarer Teilchen zusammen, die maximal einige tausendstel Millimeter (Mikrometer) groß sind, teilweise aber auch nur Dimensionen von einigen Milliardstel Millimetern aufweisen. Vor allem die sehr kleinen Vertreter dringen tief in die Atemwege vor. Sie gelangen über die Lungenbläschen ins Blut und in verschiedene Organe. Der Feinstaub reizt und schädigt auf diese Weise die Lunge. Allergiker und Asthmatiker reagieren nach dem Einatmen der Partikel noch sensibler und heftiger. Überdies erhöht der Staub auch das Risiko für Infarkte und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Möglicherweise verhält sich der Feinstaub aus Schlaf-, Wohn- und Arbeitszimmer besonders aggressiv, weil sich viele Fremdstoffe an die kleinen Partikel heften können. So klammern sich Allergene von der Hauskatze ebenso wie Chemikalien aus Teppichen, Computern oder Möbeln an die Teilchen. Bei Kerzen und Kaminfeuern lagern sich krebserregende Verbrennungsrückstände an die Partikel an. „Teilchen aus Verbrennungsprozessen sind deshalb gesundheitlich besonders relevant, auch weil sie in der Mehrzahl kleiner als einen Mikrometer sind“, bewertet Moriske. Als „blinder Passagier“ reisen die Schadstoffe auf dem Staubpartikel in den Körper und in die Zellen und treiben dort ihr Unwesen.

Je nach Lage der Wohnung speist sich der Staub im Inneren etwa zur Hälfte aus dem Feinstaub von draußen. „An einer stark befahrenen Straße kann der Betrag sogar noch größer sein und ist dann auch besonders gesundheitsschädlich, da beträchtliche Mengen Dieselruß darunter sind“, sagt Moriske.

Daneben verpesten Zigaretten, Kerzen und Kaminöfen die Luft in den eigenen vier Wänden. Auch beim Kochen und Braten werden Partikel in die Luft geschleudert, die sich jedoch mit einer Dunstabzugshaube wegsaugen lassen. Schädliche Teilchen werden auch aus Kopierern und Druckern, vor allem aus Laserdruckern, ausgestoßen. In die Schulen wird zusätzlich Feinstaub über Schuhe und Kleidung der Kinder und Lehrer getragen.

Um die Feinstaubfracht zu verringern, empfiehlt der Forscher, regelmäßig zu lüften und den Boden feucht zu wischen. In seiner Studie konnte Winkens zeigen, dass bei glatten Fußböden die Feinstaubmenge im Vergleich zu einem Teppich im Schnitt aufs Doppelte steigt, wenn nicht alle zwei Tage feucht gereinigt wurde. Vor diesem Hintergrund wollen die Berliner Schulen nun Lüftungs- und Reinigungspläne erstellen, die vorschreiben, wann die Fenster geöffnet werden und wann der Boden geschrubbt wird.

Für die privaten Haushalte wird es hingegen allenfalls Empfehlungen geben. Moriske selbst verzichtet zuhause auf stark rußende Duftkerzen, lüftet seine Wohnung mehrmals täglich und achtet auf eine optimale Raumfeuchte. Eine Feuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent sorgt dafür, dass der Staub in der Luft benetzt wird und zu Boden sinkt. Mehr Luftfeuchte soll es allerdings nicht sein, da dann das Schimmelpilzrisiko steigt.

ddp/wissenschaft.de – Susanne Donner
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Stau|pe 2  〈f. 19; MA〉 1 Züchtigung 2 Schandpfahl, Pfahl, an dem der Verbrecher zum Auspeitschen gefesselt wird … mehr

Fa|ra|di|sa|ti|on  〈f. 20; Med.〉 Anwendung schwacher elektr. Ströme zu Heil- u. Diagnosezwecken [→ Farad … mehr

Me|di|an|te  〈f. 19; Mus.〉 Mittelton der Tonika u. der darauf errichtete Dreiklang [zu lat. medianus … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige