Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Ursprung der Tiere: Rolle des Sauerstoffs überschätzt?

Erde|Umwelt

Ursprung der Tiere: Rolle des Sauerstoffs überschätzt?
14-02-17 Schwämme.jpg
Brotkrumenschwämme im Labor. Credit: Daniel Mills/SDU
In vielen Lehrbüchern der Biologie heißt es: Tierisches Leben konnte sich erst entwickeln, als die Erdatmosphäre hohe Sauerstoffkonzentrationen erreicht hatte. Doch war das tatsächlich der entscheidende Faktor für den evolutionären Startschuss vor etwa 500 Millionen Jahren? Dänische Forscher zweifeln das an. Ihnen zufolge hätte sich tierisches Leben auch bereits bei sehr geringen Sauerstoffkonzentrationen entwickeln können. Ihr Indiz: Sie haben herausgefunden, dass Schwämme bei extrem niedrigen Sauerstoffkonzentrationen überleben und wachsen können. Schwämme gelten als sehr urtümliche Tiere – vermutlich ähnelten ihnen die ersten höheren Lebensformen der Erde.

Der Ursprung des komplexen Lebens ist eines der größten Rätsel der Wissenschaft. Funden zufolge entstanden die ersten tierischen Lebensformen vor rund einer halben Milliarde Jahren. Zu dieser Zeit war das Leben an sich allerdings schon ein uraltes Konzept: Es gibt Hinweise, dass sich urtümliche Lebensformen schon vor über 3,5 Milliarden Jahren gebildet haben. Der älteste gesicherte Nachweis von Einzellern ist rund zwei Milliarden Jahre alt. Die Evolution kam demnach über eine enorme Zeitspanne hinweg nicht über ein primitives Niveau hinaus.

Als die Entwicklung der mehrzelligen Tiere dann doch einsetzte, fiel dieser Sprung mit einem deutlichen Anstieg der Sauerstoffkonzentrationen in der Erdatmosphäre zusammen. So erschien es naheliegend, dass eine Verknüpfung vorlag: Niedrige Sauerstoffgehalte hatten die Entwicklung der höheren Lebensformen verhindert, so die Annahme. „Doch niemand hat bisher getestet, wie viel Sauerstoff einfache Tiere überhaupt benötigen“, sagt Daniel Mills vom Marine Biological Research Centre der Universität von Süd-Dänemark. Genau das haben er und seine Kollegen nun getan.

Als Studienobjekt suchten sich die Forscher ein Lebewesen aus, das direkt im Meer vor ihrer Forschungseinrichtung in Kerteminde existiert: den Brotkrumenschwamm (Halichondria panicea). Er kommt in den Küstengebieten des Nordatlantik und des Mittelmeeres häufig vor. Für ihre Untersuchungen sammelten sie einige Exemplare und brachten sie ins Labor. Dort setzten sie die bizarren Wesen in Aquarien und untersuchten ihre Entwicklung bei unterschiedlichen Sauerstoffkonzentrationen.

Schwämme brauchen nicht viel Sauerstoff

Es zeigte sich: Die Schwämme überlebten und wuchsen noch bei Sauerstoffkonzentrationen im Wasser, wie sie bei 0,5 Prozent des heutigen Sauerstoffgehalts der Luft auftreten. Den Forschern zufolge ist dieser Wert deutlich niedriger als das bisher angenommene Minimum für tierisches Leben. Mit anderen Worten: Es gab auch vor der Entstehung der mehrzelligen Tiere schon Sauerstoffkonzentrationen, die komplexes Leben ermöglicht hätten. „Unsere Studie legt nahe, dass Sauerstoffmangel nicht der Hinderungsgrund war“, sagt Mills.

Anzeige

Bereits im September letzten Jahres hatten Forscher der Universität von Süd-Dänemark eine Studie veröffentlicht, deren Ergebnisse zu der aktuellen Studie passen. Analysen von rund zwei Milliarden Jahre alten Sedimentgesteinen hatten ergeben, dass zu dieser Zeit die Sauerstoffkonzentration im Meer bereits so hoch war wie zur Zeit der Entstehung der Tiere vor 500 Millionen Jahren. Die Forscher kamen zu der Schlussfolgerung, dass hohe Sauerstoffkonzentrationen offenbar nicht zwangsläufig zum Entstehen höheren Lebens geführt haben.

Doch welcher Faktor war es dann? Warum entfaltete sich die Evolution so schlagartig, nachdem sie Jahrmilliarden nicht über das Niveau von Einzellern hinaus gekommen war? „Es müssen andere ökologische oder evolutionäre Faktoren eine Rolle gespielt haben“, sagt Mills. Vielleicht blieb das Leben so lange auf der mikrobiellen Ebene, weil es Zeit benötigte um die evolutionäre Maschinerie hervorzubringen, die ein Tier ermöglicht“.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ka|pe|lan  〈m. 1; Zool.〉 Lachsfisch des Eismeeres, wichtiges Nährtier für die großen Raubfische (Kabeljau): Mallotus villosus; Sy Lodde … mehr

Lo|to|pha|ge  〈m. 17〉 Angehöriger eines sagenhaften Volkes an der Küste Libyens, das sich von Lotos nährte, nach dessen Genuss die Gefährten des Odysseus ihre Heimat vergaßen [<grch. lotos … mehr

Leit|mo|tiv  〈n. 11〉 1 〈Mus.〉 oft wiederholte, mit einer bestimmten Gestalt, Stimmung o. Ä. verbundene Tonfolge in einer Oper 2 〈Lit.〉 grundlegendes, bedeutungsvolles Motiv in einem literar. Werk … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige