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Verwirrender Sexappeal bei den Bonobos

Erde|Umwelt

Verwirrender Sexappeal bei den Bonobos
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Bei weiblichen Bonobos sind Sexualschwellungen kein zuverlässiges Signal für eine erhöhte Empfängnisbereitschaft. (Foto: C.Deimel/LKBP)
Unübersehbar fruchtbar: Bei den Weibchen vieler Affenarten verdeutlichen vorübergehende körperliche Signale die Empfängnisbereitschaft. Doch wie Forscher nun herausgefunden haben, bilden die Weibchen der Bonobos dabei eine Ausnahme: Sie locken mit erotischen Reizen, obwohl sie gar nicht unbedingt empfängnisbereit sind. Ihre Genitalschwellungen sind somit kein zuverlässiges Fruchtbarkeitssignal für die Männchen. Möglicherweise können die bekanntermaßen „emanzipierten“ Bonobo-Weibchen dadurch leichter ihre eigenen Interessen bei der Partnerwahl verfolgen, erklären die Forscher.

Sie tragen den Spitznamen „Hippie-Schimpansen“: Bonobos ( Pan paniscus) unterscheiden sich in ihrem Verhalten deutlich von ihrer Schwester-Art, den gemeinen Schimpansen ( Pan troglodytes). Im Vergleich zu diesen gelten sie als friedfertig, es gibt keine Dominanz der Männchen über die Weibchen und Aggressionen werden häufig durch Sex aufgelöst. Genetischen Untersuchungen zufolge steht der Bonobo dem Menschen evolutionsgeschichtlich noch näher als der gemeine Schimpanse.

Wie bei vielen Affenarten bilden die Weibchen auch bei den Bonobos phasenweise sogenannte Sexualschwellungen aus. Untersuchungen an anderen Primaten belegen, dass diese sichtbaren Veränderungen bei diesen „zuverlässige“ Signale für die Empfängnisbereitschaft sind. Die runden, roten Hinterteile stimulieren dadurch nicht nur das Paarungsverhalten, sondern auch den Konkurrenzkampf unter den Männern um den Zugang zu den Weibchen. Die Forscher um Heidi Douglas vom Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben diesen Zusammenhang nun auch erstmals bei den Bonobos untersucht.

Sexy Bonobo-Damen auf der Spur

Sie erfassten dazu den Schwellungszustand erwachsener Weibchen täglich nach einem standardisierten Verfahren. Parallel dazu sammelten sie Urinproben der Tiere, um über die Messung von weiblichen Hormonen den Zeitpunkt der Ovulation genau zu bestimmen und mit den sexuellen Signalen abzugleichen. „Obwohl das Sexualverhalten weiblicher Bonobos seit langer Zeit auf enormes wissenschaftliches Interesse stößt, ist dies die erste Studie, die Fragen nach der reproduktiven Bedeutung der Sexualität genauer unter die Lupe nimmt“, sagt Co-Autor Gottfried Hohmann.

Es zeigte sich: Nur in jedem zweiten Zyklus lag der hormonell bestimmte Ovulationszeitpunkt innerhalb der Phase maximaler Schwellung. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Weibchen innerhalb der maximalen Schwellungsphase auch tatsächlich seinen Eisprung hat, ist sehr viel geringer als bei den nah verwandten Schimpansen“, sagt Co-Autor Tobias Deschner. Douglas resümiert: „Was auch immer die Sexualschwellungen weiblicher Bonobos mitteilen mögen, ein zuverlässiges Signal für erhöhte Empfängnisbereitschaft sind sie nicht.“

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Wozu das erotische Verwirrspiel?

Doch warum ist das so bei den Bonobos? Den Forschern zufolge hat das Verwirrspiel wahrscheinlich mit dem Wettrüsten zwischen den Geschlechtern zu tun. Die geringe Übereinstimmung zwischen visuellem Signal und Ovulationszeitpunkt machen das Paarungsverhalten der Männchen zum Lotteriespiel. Kampf um die Weibchen macht deshalb deutlich weniger Sinn. Wenn Männchen deshalb nicht mehr über Aggressionen um den Zugang zu den Weibchen konkurrieren, könnten die Weibchen viel einfacher ihre eigenen Interessen durchsetzen, erklären die Forscher. Es handelt sich bei den Ergebnissen um einen Beleg dafür, dass Signale nicht immer dem korrekten Informationstransfer, sondern auch der Manipulation dienen können. Die Ergebnisse werfen damit ein neues Licht auf die Evolution der weiblichen Sexualität bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich, sagen die Wissenschaftler.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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