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Vision nähergerückt: Gedruckte Körperteile

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Vision nähergerückt: Gedruckte Körperteile
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Dieses Ohr entstand per Bio-3D-Druck. Credit: Wake Forest Institute for Regenerative Medicine
Ein „lebendes“ Ohr oder andere Gewebestrukturen aus dem Bio-3D-Drucker – diese Zukunftsvision hat nun buchstäblich Form angenommen: Die Ergebnisse von US-Forschern zeigen, dass Drucken mit Zellen tatsächlich medizinisches Potenzial hat. Sie konnten durch ihr innovatives Verfahren stabile und überlebensfähige Körperstrukturen erstellen. Bevor das Konzept Patienten nun „vervollständigen“ kann, ist zwar noch weitere Entwicklungsarbeit nötig, doch die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, berichten die Forscher.

Bei dem Druck-Verfahren des Teams um Anthony Atala vom Wake Forest Institute for Regenerative Medicine bildet eine spezielle Zell-Lösung die Tinte: Sie wird in Schichten übereinander aufgetragen und bildet so eine vorgegebene Struktur aus Zellen. Dieses Grundkonzept ist nicht neu, doch bisherige Verfahren lieferten keine zufriedenstellende Ergebnisse: Den gedruckten 3D-Biogeweben fehlte es bislang an Stabilität – sie waren zu weich, um komplexe Formen auszubilden. Außerdem war die Gewebedicke durch das Fehlen der  Blutgefäße extrem beschränkt: Um per Diffusion eine Versorgung der lebenden Zellen mit Nährstoffen und Sauerstoff zu gewährleisten, konnten die bisherigen Druck-Gewebe nicht dicker sein als etwa 0,18 Millimeter. Der 3D-Biodruck von voluminösen Körperformen wie Ohren, Knochen oder Muskeln erschien deshalb bisher nicht möglich. Atala und seine Kollegen haben nun Lösungsmöglichkeiten für diese beiden Haupthindernisse auf dem Weg zum leistungsfähigen „Ersatzteil-Druck“ entwickelt.

Stabil und überlebensfähig

Die Forscher nannten ihr neues Verfahren „Integrated Tissue and Organ Printing System“ (ITOP). Bei dem Konzept werden nun auch strukturgebende Anteile beim Druck mit aufgetragen. Es handelt sich um biologisch abbaubare Polymere, die dem entstehenden Gewebe Stabilität verleihen, ähnlich wie die Knorpelsubstanz des Ohrs. Außerdem entstehen bei dem Druckverfahren feine Kanälchen im Gewebe, durch die eine weitreichendere Nährstoffdiffusion gewährleistet wird. Sie hält die Zellen nach der Transplantation am Leben, bis dann schließlich Blutgefäße in das biologische Ersatzteil  einsprießen und es optimal versorgen. Zusätzlich optimierten die Wissenschaftler auch die Formulierung der Zellsuspension – der Tinte – um die Überlebensrate der Zellen nach dem Druck zu steigern.

Dass die Bio-Implantate nach dem ITOP-Verfahren tatsächlich auch die gewünschten Eigenschaften vermitteln, konnten die Forscher bereits durch Tierversuche belegen: Sie druckten experimentelle menschliche Ohren aus Mäusezellen und pflanzten sie Mäusen unter die Haut ein. Nach zwei Monaten war die Form immer noch stabil und die Nager hatten die Ohren gleichsam in ihren Körper integriert: Blutgefäße waren eingewachsen und es bildete sich Knorpelgewebe. Tierversuche mit gedruckten Muskeln beziehungsweise Knochengewebe zeigten ähnlich vielversprechende Ergebnisse, berichten die Forscher. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Kombination unserer optimierten Bio-Tinte mit den Mikrokanälen die Zellen am Leben halten kann und das Gewebewachstum unterstützt“, resümiert Atala.

Eine Vision nimmt Form an

Eine weitere Innovation beim ITOP-System ist die Fähigkeit, Daten von computertomografischen Scans zu verwenden, um maßgeschneiderte Gewebeformen für Patienten zu drucken. Konkret: Wenn einem Patienten beispielsweise ein Ohr fehlt, kann das System anhand des zweiten Ohrs eine genau angepasste Struktur erstellen. Die Forscher arbeiten nun an der weiteren Optimierung ihres Konzepts und untersuchen durch  Tierversuche, wie sich die implantierten Gewebe langfristig entwickeln. Sie sind überzeugt: „Dieses neue Verfahren ist ein wichtiger Fortschritt. Weiterentwickelt könnte es eines Tages lebende Gewebe- und Organstrukturen zur chirurgischen Implantation drucken“, so Atala.

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Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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