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Von der Amme zur Sammlerin und zurück

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Von der Amme zur Sammlerin und zurück
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Credit: Christofer Bang
Über die Role als ?Sammelbiene? oder ?Amme? entscheidet bei Honigbienen nicht das Erbgut selbst, sondern Schaltermoleküle auf der DNA, die wiederholt an- oder ausgeknipst werden können. US-Forscher haben damit erstmals nachgewiesen, dass sogenannte epigenetische Veränderungen mit Auswirkungen auf Verhaltensweisen reversibel sein können. Das sei nicht nur ein spannendes Ergebnis für Insektenforscher, sagen die Wissenschaftler: Möglicherweise gibt es auch beim Menschen ähnlich umkehrbare Systeme bei genetisch verankerten Verhaltensweisen, etwa im Rahmen von Suchterkrankungen oder psychischen Störungen.

Alle Honigbienen ( Apis mellifera) eines Staates besitzen identisches Erbgut, und doch sind sie nicht gleich: Im Verhalten und auch in körperlichen Eigenschaften unterscheidet sich die Königin deutlich von ihren Arbeiterinnen, und auch unter diesen gibt es wiederum eine klare Trennung in zwei Kasten: Sammelbienen, die den Stock verlassen, um Nahrung herbeizuschaffen und Ammen, die sich um die Pflege des Nachwuchses kümmern. Die unterschiedlichen Rollen basieren auf Programmen, die im Erbgut der Insekten verankert sind. Bei den Ammen sind die pflegespezifischen Erbgutabschnitte angeschaltet, bei den Sammlerinnen sind sie dagegen abgeschaltet ? und entsprechend umgekehrt. Bei den Schalter-Molekülen handelt es sich um sogenannte Methylgruppen, die auf der DNA sitzen. Welche Programme aktiv oder inaktiv sind, hängt also vom Methylierungsmuster der Erbsubstanz ab.

Nachdem sich eine Biene zur Königin oder Arbeiterin entwickelt hat, erfüllt sie diese Rolle ihr Leben lang. Bei der Unterteilung der Arbeiterinnen ist das allerdings nicht der Fall: In ihrer Jugend arbeiten sie als Brutpflegerinnen, nach etwa drei Wochen wechseln sie dann den Job und werden zu Sammlerinnen. Welche Methylierungsmuster hinter dieser Veränderung stecken, konnten die Forscher um Andrew Feinberg von der Johns Hopkins University in Baltimore nun durch vergleichende Analysen zeigen: In 155 Genabschnitten unterschieden sich die Muster auf der DNA der Nervenzellen zwischen den Bienen mit den unterschiedlichen Aufgaben.

Es war bereits bekannt, dass Sammelbienen im Notfall auch wieder eine Tätigkeit als Amme aufnehmen können. Die Forscher wollten nun herausfinden, inwiefern sich diese Rückkehr zum alten Job auch im Methylierungsmuster widerspiegelt. Sie entfernten dazu einen Teil der Ammen aus den Versuchs-Völkern. Die rückkehrenden Sammelbienen erkannten diesen Mangel, und infolgedessen nahmen einige die Ammentätigkeit wieder auf. Als die Forscher dann deren DNA-Methylierungsmuster analysierten, zeigte sich, dass sie größtenteils wieder mit denen der ?normalen? Ammenbienen übereinstimmten. Es waren also Schaltermoleküle im Rahmen der Rückverwandlung entfernt und wieder neu gesetzt worden.

Die aktuellen Ergebnisse an Bienen verändern den Forschern zufolge nun auch den Blickwinkel auf epigenetische Systeme beim Menschen. ?Was für Bienen gilt, könnte auch für den Menschen gelten?, so Andrew Feinberg. Wenn das der Fall sei, könnte die Beeinflussung von ungünstigen epigenetischen Mustern einmal zum Schlüssel zur Heilung von Verhaltensstörungen und anderen Krankheiten werden, meint der Biologe.

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Brian Herb (Johns Hopkins University, Baltimore) et al.: Nature Neuroscience, doi:10.1038/nn.3218 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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