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Von der Couch ins Labor – Traumforschung 100 Jahre nach Freud

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Von der Couch ins Labor – Traumforschung 100 Jahre nach Freud
100 Jahre nach der Veröffentlichung von Sigmund Freuds grundlegendem Buch „Die Traumdeutung“ hat sich die Traumforschung ein gutes Stück von ihrem Gründervater entfernt. Der Begründer der Psychoanalyse verstand Träume vorwiegend als Ausdruck von verbotenen, triebhaften Wünschen. Seine Nachfolger hingegen sehen eine enge Beziehung zum realen Leben: „Das Träumen ist unseren Alltagsgedanken näher, als Freud das wahrhaben wollte“, sagt Wolfgang Leuschner, stellvertretender Direktor des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts.

Leuschner versteht Träumen als „Probe-Handeln“. Vieles, was uns im Wachen belastet, fließt in unsere Träume ein: der Streit mit den Nachbarn, Sorgen am Arbeitsplatz, Probleme mit Sexualität, erklärte er bei der Tagung „Wissenschaftliche Traumforschung 100 Jahre nach Freud“, die am Sonntag in Frankfurt zu Ende ging. „Der Traum ist ein Besorgnisprodukt“, glaubt Leuschner. Der Träumende spielt im Schlaf verschiedene Situationen, Verhaltensweisen, Reaktionen durch und sucht nach Lösungen. „Man könnte fast sagen: Wir denken im Traum“, formuliert Leuschner.

Die Freudianer haben die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit eingerissen: „Träumen ist ein Prozess, der den ganzen Tag über abläuft – wie die Verdauung“, zitiert der Analytiker Heinrich Deserno einen britischen Kollegen. Tagsüber sammeln wir den Input, nachts spuckt der Rechner Geschichten aus. „Wenn wir am Morgen schweißgebadet vor Angst aufwachen, dann ist das so etwas wie eine Verdauungsstörung.“ So verstanden haben auch Träume, an die wir uns nicht erinnern, ihre Arbeit getan.

Während der Tagung wurde auch deutlich, dass die Traumforschung 100 Jahre nach Freud einen entscheidenden Schritt vollzogen hat: Runter von der Couch, rein ins Labor. Vieles, was die Forscher heutzutage über Träume wissen, stammt aus Experimenten. Im „Labor für experimentelle Traum- und Gedächtnisforschung“ des Sigmund-Freud- Instituts bitten die Forscher die Probanden ins Schlaflabor. Dort beschallen sie zum Beispiel den Schlafenden mit einem Text, der eine Szene beschreibt. Dann wecken sie die Person und lassen sich den Traum erzählen: Viele der in der Szene enthaltenen Motive kamen – verändert – darin vor.

Oder sie wecken die Schläfer mit Block und Stift und bitten sie, ihren Traum zu malen. Stephan Hau hat fast 1 000 solcher nächtlicher Zeichnungen ausgewertet. Er fand heraus, dass diese Bilder völlig anders sind als jene, die der selbe Schläfer nach dem Aufwachen malt: Die Perspektiven gehen wild durcheinander, nacheinander stattfindende Szenen werden gleichzeitig gemalt, es gibt keine Farben. Ein Mann, der von einer Ankunft im Hotel träumte, malte die Fassade des Hauses von vorne und gleichzeitig die Einrichtung des Hauses im Inneren von oben. Darüber zeichnete er noch den Anfahrtsweg mit dem Auto. „Mit Hilfe von solchen Zeichnungen kommen wir viel unmittelbarer an den Traum heran, als wenn wir ihn uns nur erzählen lassen“, sagt Hau.

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Vieles, was über Träume bekannt ist, stammt aus Fragebögen oder Interviews. Allerdings können die Forscher mit so manchem Ergebnis nicht viel anfangen. „Frauen träumen überwiegend in blau, Männer in grün“, berichtet die Wiener Traumforscherin Brigitte Holzinger. Bei der Frage nach den Gründen zuckt sie mit den Schultern. Frauen, so ergab die Untersuchung auch, empfinden die Zeit im Traum eher als verlangsamt, Männer als beschleunigt. Frauen sind im Traum meist selbst aktiv, „Männer fühlen sich dem Traumgeschehen mehr ausgeliefert.“

dpa
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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