Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Von Jungfrauen mit Ohren an den Beinen

Erde|Umwelt

Von Jungfrauen mit Ohren an den Beinen
Gefangene Grillen können genau wie manche Spinnentiere im Notfall ein Bein abwerfen, um zu entkommen. Wie bereitwillig die Insekten zu dieser drastischen Strategie greifen, hängt dabei von ihrem Familienstand ab, hat ein südafrikanisch-australisches Forscherpaar nun entdeckt: Jungfräuliche Grillenweibchen opfern ihre Vorderbeine sehr viel zögerlicher als Artgenossinnen, die bereits einen Partner gefunden haben. Ursache dafür ist nach Ansicht der Forscher die immens wichtige Rolle, die das vordere Beinpaar bei der Partnersuche spielt: Da es die Hörorgane der Insekten trägt, können die Weibchen nur mit zwei Beinen Lockrufe eines Männchens lokalisieren.

Der Verlust eines Beins ist für eine Grille immer ein harter Schlag, hatten die Wissenschaftler bereits in einer früheren Studie festgestellt. Verlieren die Tiere beispielsweise ein Hinterbein, wird nicht nur ihre Laufgeschwindigkeit beeinträchtigt, sondern auch ihre Fähigkeit, Sprünge zu machen. Muss ein Bein des mittleren Beinpaars geopfert werden, verlangsamt das ebenfalls drastisch die mögliche Fluchtgeschwindigkeit.

Am härtesten trifft die Tiere jedoch der Verlust eines der hochspezialisierten Vorderbeine: Schon beim Wegfall eines ihrer Hörorgane büßen die Grillen ihre Fähigkeit ein, die Richtung, aus der ein Geräusch kommt, zu bestimmen. Aus diesem Grund opfern sowohl Männchen als auch Weibchen prinzipiell lieber ihre hinteren oder mittleren Beine als ihre Vordergliedmaßen. Dieses Zögern ist jedoch bei den Weibchen stärker ausgeprägt als bei den Männchen, entdeckten die Forscher nun: War ein Vorderbein in einer Falle gefangen, brauchten die Weibchen deutlich länger, um sich für das Abstoßen dieses Beins zu entscheiden als die Männchen.

Außerdem wägen sie offenbar Kosten und Nutzen dieser Selbstverstümmelung sehr sorgfältig ab: Haben sie noch keine Gelegenheit zur Paarung gehabt, ist ihr oberstes Ziel das Aufspüren eines Partners, und so können sie nur im äußersten Notfall auf ihre Vorderbeine verzichten. Folgerichtig warten sie selbst dann, wenn ein Vorderbein nicht mehr zu befreien ist, sehr lange ab, bevor sie es abstoßen ? obwohl sie durch das längere Verweilen an der Falle ein größeres Risiko eingehen. Hat ein Weibchen dagegen bereits eine Paarung hinter sich und damit dieses Ziel erreicht, gibt es sein Bein deutlich schneller auf.

Philip Bateman ( Universität von Pretoria) & Patricia Fleming ( Murdoch University): Biology Letters, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1098/rsbl.2005.0408 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ura|no|lo|gie  〈f. 19; unz.; veraltet〉 Astronomie [<Uranus … mehr

Gall|mil|be  〈f. 19; Zool.〉 winzige Milbe, die Pflanzenzellen ansticht, durch Ausscheidungen deren Inhalt verflüssigt u. ihn aussaugt, worauf die Pflanze mit Bildung von Gallen reagiert: Tetrapodili

Flug|ki|lo|me|ter  〈m. 3〉 in der Luft zurückgelegter Kilometer

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige