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Von wegen nachhaltige Holz-Nutzung

Ressourcen-Verbrauch

Von wegen nachhaltige Holz-Nutzung
Holz ist nicht in einem Maße verfügbar, um jede Form der Nutzung zugleich zu erfüllen. © Karl-Friedrich Hohl/iStock

Das vielseitige Naturprodukt kann ein nachhaltiger Rohstoff sein – doch nur, wenn man es nicht übertreibt. Doch genau das zeichnet sich ab: Auf der Erde kann nicht genügend Holz nachwachsen, um die enorm gestiegene Nachfrage zu decken, geht aus einer Studie hervor. Deutschland liegt dabei besonders bedenklich vorn: Bei uns wird doppelt so viel Holz verbraucht wie im globalen Durchschnitt. Deshalb ist nun der Kampf gegen Verschwendung angesagt – Prioritäten sollten beim Einsatz des begrenzten Rohstoffs gesetzt werden, sagen die Experten.

Seit Urzeiten liefern Bäume dem Menschen Rohstoffe zum Bauen, Heizen und für viele andere Zwecke. Nachdem lange künstliche Materialien dem Holz den Rang abgelaufen haben, richtet sich im Zeitalter der Umweltkrisen der Blick wieder zunehmend auf die traditionelle Ressource. Denn das Naturprodukt gilt als nachhaltig: Bäume bilden es kontinuierlich, dabei werden Treibhausgase gebunden und Holz ist zudem biologisch abbaubar. So wird es zunehmend als Ersatz für Beton beim Gebäudebau eingesetzt, als Alternative für fossile Brennstoffe zum Heizen und als Grundstoff für die Herstellung von Bioplastik.

Dabei entsteht oft der Eindruck, es handle sich um ein Allheilmittel für mehr Nachhaltigkeit. Doch inwieweit kann unser Planet überhaupt genügend Holz für all die möglichen Einsatzzwecke kontinuierlich bereitstellen? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Universität Kassel gemeinsam mit der Naturschutzorganisation WWF Deutschland nachgegangen. Die Grundlage der Studie bildeten dabei Analysen von Satellitenbildern, Handelsströmen und nationalen bis globalen Verbrauchs- und Waldstatistiken. Diese Informationen ermöglichten Berechnungen, die Licht auf die unterschiedlichen Aspekte des Themas Holz-Nutzung werfen.

Jetzt schon überschrittene Kapazitätsgrenzen

Das Team kam zu dem Ergebnis: Um Biodiversität- und Klimaschutz effektiv zu schützen, könnten weltweit rund 3,0 Milliarden Kubikmeter Holz mit Rinde geerntet werden. Schon mit deutlichen Einschränkungen bei der Nachhaltigkeit könnten es maximal 4,2 Milliarden sein, den der natürliche Zuwachs von Wäldern und Plantagen bereitstellen kann. Der Vergleich mit dem weltweiten Verbrauch zeigte jedoch, dass die Holz-Nutzung schon heute nicht nachhaltig ist. Den Recherchen zufolge lag die Menge an weltweit geschlagenem Holz im Jahr 2020 bei 4,3 bis 5 Milliarden Kubikmetern. Bis zu zwei Milliarden Kubikmeter Holz pro Jahr werden den Wäldern demnach zu viel entnommen. Das entspricht ungefähr der Hälfte aller Waldbäume in Deutschland, verdeutlicht das Team.

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Die Studienergebnisse zeigen zudem auf, dass sich die Übernutzung der Wälder wohl auch weiterhin verschärfen wird: Die globale Nachfrage nach Holz steigt beständig, vor allem für Verpackungen, die Bauindustrie, Bioplastik und Bioenergie. Besonders gilt das für Länder mit bereits hohem Konsumniveau. Dabei stand Deutschland exemplarisch im Fokus des Teams: Pro Kopf werden bei uns durchschnittlich rund 1,2 Kubikmeter Holz verbraucht. Das ist mehr als doppelt so viel wie im weltweiten Durchschnitt. Obwohl Deutschland über relativ große Waldressourcen verfügt, muss deshalb Holz importiert werden, um die große inländische Holzindustrie zu versorgen.

Gegenlenken angesagt

„Die Menge macht´s, auch bei unserem Holzkonsum“, betont Meghan Beck-O´Brien von der Universität Kassel. „Holz kann der Rohstoff der Zukunft sein. Aber um ihn nicht zu übernutzen, müssen wir die Verschwendung beenden, die wir durch unsere Geschäftsmodelle, Anreizsysteme und soziale Normen betreiben. Mehr als je zuvor gibt diese Studie uns den Anlass, unseren Lebensstil, den Zustand der Wälder und den Klimawandel in einem sich gegenseitig beeinflussenden Kontext zu betrachten“, sagt die Wissenschaftlerin.

Wie das Team betont, sind nun Maßnahmen nötig, um der problematischen Entwicklung entgegenzusteuern und den Holzverbrauch in bedachter Weise einzuschränken: „Die Studie zeigt, wie dringend wir eine Diskussion in Politik und Gesellschaft über die sinnvollste Verwendung von Holz brauchen“, sagt Susanne Winter vom WWF. Wichtig sei es dabei, Holz nicht automatisch als nachhaltig zu propagieren, besonders in Bezug auf die energetische Nutzung. „Besonders der Verbrauch zum Heizen und zur Energieerzeugung frisst ein massives Loch in die Waldbestände“, sagt Winter.

Deshalb müssten Prioritäten bei der Nutzung der begrenzten Ressource gesetzt werden: Der Rohstoff sollte dem Positiv-Effekt nach kaskadenartig und in einem Kreislaufsystem genutzt werden, schlägt das Team vor. Statt es direkt im Kraftwerk oder Kamin zu verfeuern, ist zunächst eine Langzeitnutzung zum Beispiel als Ersatz für den „Klimakiller“ Beton in der Bauindustrie sinnvoll. „Es sollte zudem in Infrastruktur investiert werden und in den Aufbau von Know-how für hochwertiges Recycling sowie zur stofflichen Weiterverwendung von Holzabfällen“, so Winter. Auf jeden Fall können wir nicht weitermachen, als ob es kein Morgen gäbe, betont das Team. „Der Wald ist keine Holzfabrik, er ist eine unserer Lebensgrundlagen“, sagt Winter.

Quelle: Universität Kassel, Originalpublikation: Everything from wood – The resource of the future or the next crisis? How footprints, benchmarks and targets can support a balanced bioeconomy transition. WWF Germany.“

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