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Vorsicht, ansteckend!

Erde|Umwelt

Vorsicht, ansteckend!
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Gähnender Wellensittich. Bild: Andrew Gallup et al., Behav. Process.
Viele Tiere gähnen, doch ansteckend ist dieses Verhalten nach bisheriger Kenntnis nur bei Menschen und Primaten. US-Forscher haben nun allerdings gezeigt, dass auch Wellensittiche das Gähnen ihrer Artgenossen unwiderstehlich finden. Den Forschern zufolge spiegelt dies die komplexe Gruppendynamik dieser hochsozialen Vögel wider.

Andrew Gallup von der Binghamton University in New York und seine Kollegen zeichneten für die Studie das Verhalten von 21 Wellensittichen über einen Zeitraum von 21 Tagen auf. Die jeweils anderthalbstündigen Videoaufnahmen erfolgten zu verschiedenen Tageszeiten, um auszuschließen, dass das Gähnverhalten der Tiere an die Uhrzeit gekoppelt ist. Bei der Auswertung dokumentierten die Biologen die Häufigkeit des Gähnens im Zusammenhang mit dem Verhalten der ganzen Vogelgruppe. Wenn ein Wellensittich gähnt, ist das für den Menschen übrigens deutlich erkennbar: Die putzigen Vögel schließen leicht die Augen und reißen den Schnabel weit auf.


Video: Zwei Wellensittiche gähnen nach einander (Mitte, rechts). Credit: Andrew Gallup et al., Behav. Process.

Unterm Strich gähnte jeder Vogel durchschnittlich bis zu dreimal pro Stunde, ergab die Auszählung. Die detaillierte Analyse des Gruppenverhaltens dokumentierte dabei eindeutig die Ansteckungskraft des Verhaltens: Riss ein Tier den Schnabel auf, zog sich das Gähnen häufig in einer Welle durch die kleine Vogelgemeinschaft. Gähnt ein Wellensittich, ist die Wahrscheinlichkeit also deutlich erhöht, dass sein Nachbar das in den nächsten 40 Sekunden ebenfalls tut, zeigten die statistischen Auswertungen der Forscher.

Gymnastik? Ebenfalls ansteckend

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Weiteren Beobachtungen von Andrew Gallup und seinen Kollegen zufolge ist bei Wellensittichen offenbar nicht nur das Gähnen ansteckend, sondern auch Streck- und Dehnübungen. Denn die Videoaufnahmen zeigten, dass die Vögel dieses Verhalten ihrer Artgenossen ebenfalls spiegeln: Wenn einer der Wellensittiche ein Beinchen und dazu den Flügel wegstreckte, um sich zu dehnen, machten das seine Nachbarn häufig ebenfalls, berichten die Biologen.

Bei den Untersuchungen wurde auch ein Faktor deutlich, der die Ansteckungskraft des Gähnens und Streckens unter den Vögeln erhöht: mögliche Bedrohungen. Wenn plötzliche Geräusche die Vögel leicht aufgeschreckt hatten, ließen sie sich vom Gähn- und Streckverhalten der Artgenossen noch intensiver anstecken als zuvor, beobachteten die Forscher. Sie vermuten, dass Geräusche die Wachsamkeit der Tiere erhöhen und deshalb jeder Vogel auch intensiver im Auge behält, wie sich die Artgenossen verhalten.

Dem Hintergrund der Ansteckungskraft des Gähnens beim Menschen sind Forscher ebenfalls seit einiger Zeit auf der Spur. Vieles spricht dafür, dass der Mensch das Gähnen anderer widerspiegelt, weil er sich unbewusst in sie hineinversetzt. Ähnliches trifft wahrscheinlich auch auf Menschenaffen zu: Studien zufolge gähnen sie ebenfalls mit Artgenossen mit und sind auch zu Einfühlungsvermögen fähig. Warum Wellensittiche das Verhalten ihrer Artgenossen aufgreifen, bleibt dagegen fraglich. Grundsätzlich hat es Andrew Gallup und seinen Kollegen zufolge aber ebenfalls mit der Lebensweise im Sozialverband zu tun: Die kleinen Papageienvögel sind intelligente Gruppentiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten ? das verbindet sie mit dem Mensch und Menschenaffen.

Andrew Gallup (Binghamton University in New York) et al.: Behav. Process., doi:10.1016/j.beproc.2011.12.012 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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