Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Vulkanismus – Steigt die Bedrohung durch die Glut der Erde?

Erde|Umwelt

Vulkanismus – Steigt die Bedrohung durch die Glut der Erde?
vulkantitel.jpg
Angesichts der dramatischen Bilder, die in den letzten Wochen über die Vulkanausbrüche in Mexiko, Japan, den Philippinen oder Guatemala zu sehen waren, wird der Verdacht genährt, die Gefährdung durch Vulkanausbrüche habe in den letzten Jahren zugenommen.

Überhaupt hat man ja den Eindruck, die Naturkatastrophen nähmen immer größere Ausmaße an. Die Erdbeben in der Türkei, die Überschwemmungen in Indien und die Wetterkapriolen des El-Niño-Phänomens – es scheint, als würde die Erde immer unwirtlicher.

Die Dynamik der Erde Wie die Teile eines riesigen Puzzles liegen die sieben großen und 20 kleineren Kontinentalplatten der Lithosphäre auf dem plastisch verformbaren Untergrund der Asthenosphäre.

Diese Platten, zu denen auch die Kontinente gehören, sind ständig in Bewegung und könnte man die Uhr der Erdgeschichte zurück drehen, sähe die Weltkarte vor rund 200 Millionen Jahren ganz anders aus. Damals hingen die Landmassen aller Kontinente zusammen und bildeten den Riesenkontinent Pangäa.

Die Motoren dieser „Plattentektonik“ befinden sich im Erdmantel. Riesige Konvektionszellen reichen bis an die Grenze zum Erdkern in einer Tiefe von etwa 2900 Kilometern. Unter den mittelozeanischen Rücken steigen diese Konvektionsströme auf und bilden so ein weltumspannendes, insgesamt rund 60.000 Kilometer langes Netzwerk vulkanischer Spalten, an denen ständig neue ozeanische Kruste gebildet wird.

Anzeige

Der mittelatlantische Rücken beispielsweise zieht sich über Tausende von Kilometern von der Antarktis über den ganzen Globus nach Norden bis in die Arktis. An einigen Stellen erhebt sich diese gigantische feuerspeiende Kluft bis über die Meeresoberfläche. So müssen die Bewohner Islands zwar ständig mit der Angst vor der Katastrophe leben – man erinnere sich an den Ausbruch des Hekla am 26. Februar 2000 – sie profitieren aber auch von den geologischen Gegebenheiten, indem sie die geothermische Energie wie kaum ein anderes Volk auf der Erde zu nutzen wissen.

Entlang der Plattenränder muss es zu unterschiedlichen Prozessen kommen. An den mittelozeanischen Rücken drängt das aufsteigende Magma die Platten auseinander, so dass sich beispielsweise Nord- und Südamerika im Westen von Europa und Afrika im Osten mit einer Geschwindigkeit von einigen Zentimetern pro Jahr entfernen. Da die Erde eine Kugel ist und die Oberfläche des Planeten konstant ist, muss es an anderer Stelle zu einer Kollision der Kontinentalplatten kommen. Deshalb schiebt sich die schwerere Ozeankruste des Pazifik unter den amerikanischen Kontinent. Sie wird „subduziert“. Die ungeheuren Kräfte, die dabei auftreten, führen zum Aufbau von Krustenspannungen; ganz so, als würde man zwei Styroporplatten gegeneinander reiben. Hin und wieder entladen sich diese Spannungen in Gestalt von mehr oder weniger heftigen Erdbeben, wie sie in Kalifornien ja schon fast zur Tagesordnung gehören. Und wo es Erdbeben gibt, gibt es in der Regel auch Vulkane, schließlich sind die Plattengrenzen naturgemäß Schwächezonen, an denen es zu Reibungen, aber auch Magmenaufstiegen kommen kann. Die dazu gehörige vulkanische Aktivität hat den Regionen rund um den pazifischen Ozean auch die Bezeichnung „Ring of Fire“ eingetragen.

Mehren sich die Katastrophen?

Grundsätzlich ist die statistische Bewertung von Naturkatastrophen aus verschiedenen Gründen schwierig. Zum einen begann der Mensch erst vor einigen hundert Jahren mit einer systematischen Beobachtung seiner Umwelt, zum anderen wächst die Bevölkerung stetig an, so dass sich die Menschen neue Lebensräume erschließen, die sie bis dahin vielleicht gerade wegen der Bedrohung durch Naturkatastrophen gemieden haben.

Natürlich hat der Mensch die Natur immer wieder herausgefordert und in vielen Fällen sind die Konsequenzen des rücksichtslosen Umgangs die offensichtliche Folge davon. Die radikalen Abholzungen der Wälder beispielsweise führen im Himalaja, aber auch in unseren Alpen immer häufiger zu katastrophalen Überschwemmungen und Lawinenabgängen; dass hier Ursache und Wirkung nahe beieinander liegen steht außer Zweifel. Bei den Klimaveränderungen sind sich die Wissenschaftler hingegen noch nicht einig, welche Einflüsse die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder die Belastung der Atmosphäre mit allen möglichen „Klimagasen“ auf das globale Klima haben. Die Abgrenzung zu den erdgeschichtlich immer wieder nachweisbaren natürlichen Klimaschwankungen ist äußerst schwierig, derzeit gehen die vorsichtigen Schätzungen dahin, das rund ein Drittel des Temperaturanstieges der letzten einhundert Jahre auf Kosten der Zivilisation gehen könnten.

Bei Vulkanismus und Erdbeben, deren Ursachen im Innenleben der Erde zu suchen sind, ist eine derartige Bewertung statistischer Verteilungen nicht möglich. Legt man geologische Zeiträume von Millionen von Jahren zugrunde, so gehen Schwankungen der Vulkanaktivität natürlich mit den sich verändernden plattentektonischen Szenarien einher. Schließlich gibt es Vulkane, die seit Millionen von Jahren nicht mehr aktiv waren, andere sind völlig neu entstanden. Auch Ereignisse, die in erdgeschichtlichen Dimensionen gerade ein Augenzwinkern sind, könnten für ein Auf und Ab vulkanischer Tätigkeit verantwortlich sein. So ist es, wenn auch nicht nachgewiesen, so doch denkbar, dass Eiszeiten mit ihren enormen Massenverlagerungen durch mächtige Inlandeisbedeckungen einerseits und niedrige Meeresspiegel andererseits zur Ausbildung neuer Schwächezonen führen. Hier könnte vielleicht eine Ursache des Vulkanismus in der Eifel liegen, dessen Ausklang ja mit dem Ende der letzten Eiszeit zusammenfällt. In der Vergangenheit hat es einige Studien zur Häufigkeitsverteilung vulkanischer Aktivitäten gegeben und die Ergebnisse sind überaus interessant, auch wenn sie weniger über den Vulkanismus, als viel mehr über uns Menschen aussagen. So ist die Zahl der dokumentierten Vulkaneruptionen in dem Zeitraum von 1850 bis 1950 leicht aber stetig angestiegen, während der beiden Weltkriege wurden dann überraschenderweise aber weit weniger Ausbrüche gemeldet. Für Lindsay McClelland vom National Park Service ist dies klarer Ausdruck für die Subjektivität der menschlichen Wahrnehmung von Naturkatastrophen. Während die anwachsende Zahl der Menschen und die Entwicklung der Medien zu häufigeren Meldungen von Vulkanausbrüchen führten, verloren derartige Ereignisse während der globalen Katastrophen der Weltkriege verständlicherweise an Bedeutung. Steve Mattox von VolcanoWorld geht daher davon aus, dass etwaige Schwankungen der weltweit in jedem Jahr rund 50 bis 60 aktiven Vulkane rein zufallsbedingt wären. Der Mensch kann also zumindest diesbezüglich ein gutes Gewissen haben, denn Vulkanausbrüche gingen bisher sicher noch nicht auf sein Konto. So sind wir dann auch die Ursache dafür, dass die Statistiken mit großer Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft auf eine ansteigende Zahl von Vulkansausbrüchen weisen. Für Scott Rowland von der University of Hawaii liegt der Grund dafür allerdings einzig und allein in der explosionsartigen Verbreitung von Internet und Fax, aber auch bei den Touristen, die mit ihren Videokameras immer weiter in die letzten Winkel der Erde vordringen – spektakuläre Katastrophenbilder lassen sich nämlich immer verkaufen.

Joachim Schüring, Wissenschaftsjournalist, Bremen
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Te|le|me|ter  〈a. [′––––] n. 13〉 Entfernungsmesser [<grch. tele … mehr

frei|tra|gend  〈Adj.; Bauw.〉 ohne Stützen tragend, ohne Stützpfeiler ● ~e Brücke

Reiz|schwel|le  〈f. 19; Psych.〉 Minimum eines Nervenreizes, das zum bewussten Empfinden des Reizes notwendig ist ● eine hohe, niedrige ~

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige