Ein neu entdecktes Protein des Gehirns hat erstaunliche Wirkungen: Bei Mäusen führt es zu verstärkter motorischer Aktivität und geringerer Ängstlichkeit und bei Ratten zu Schlaflosigkeit. Das haben Wissenschaftler der Universität in Irvine herausgefunden. Das Neuropeptid S (NPS) genannte Eiweißmolekül könnte zu einem bisher unbekannten Steuermechanismus für Erregung und Ängstlichkeit gehören, vermuten Rainer Reinscheid und seine Kollegen im Fachmagazin Neuron (Bd. 43, S. 487).
Für diese Vermutung spricht, dass NPS in einer bisher unbekannten Gruppe von Nervenzellen in einem Bereich des Mittelhirns produziert wird, der Erregung und Ängstlichkeit reguliert. Rezeptoren für NPS fanden die Forscher wiederum in den unterschiedlichsten Bereichen des Gehirns, darunter auch solche, von denen bekannt ist, dass sie an Stressreaktionen beteiligt sind. NPS könnte daher an eine ganze Reihe von Hirnfunktionen beeinflussen, nehmen die Forscher an.
NPS wirkt sehr schnell: Innerhalb der ersten Stunde nach der Injektion tritt die Schlaflosigkeit ein. In den Experimenten reduzierten schon geringe Dosen alle Schlafstadien: sowohl den so genannten REM-Schlaf, der normalerweise nach dem Einschlafen auftritt und von heftiger Traumaktivität begleitet ist, als auch die Tiefschlaf-Stadien.
Für die Forscher ist die Entdeckung ein wichtiger Schritt, um Schlafstörungen und pathologische Ängstlichkeit besser verstehen und behandeln zu können. Sie könnte sogar ein Schlüssel zum Verständnis von Depressionen sein, da extreme Ängstlichkeit und gestörte Schlafmuster oft auch bei Patienten mit Depressionen beobachtet werden.
ddp/bdw ? Anke Biester