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Wachstumsschub in der Tundra

Erde|Umwelt

Wachstumsschub in der Tundra
Tundra
Arktische Tundra: Noch dominierern hier kleine, niedrig wachsende Pflanzen. (Foto: Anne Bjorkman)

Für die Tundren der Arktis ist ihre karge, niedrige Pflanzendecke typisch – bisher jedenfalls. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Denn wie Forscher herausgefunden haben, breiten sich in den Tundrengebieten schon jetzt immer mehr höhere, größere Pflanzen aus. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die starke Erwärmung der Arktis, wie die Wissenschaftler erklären. Das Problem: Das verändert nicht nur die Lebensräume der Tundra, es könnte sogar den Klimawandel noch weiter anheizen.

Niedrige Gräser und Zwergsträucher bestimmen die Vegetation der arktischen Tundra. Denn in diesen hohen Breiten verhindert die Kälte, dass sich Bäume oder größere Sträucher ansiedeln und wachsen können. Ähnlich wie in den Hochlagen der Gebirge dominieren daher in diesen Permafrost-Regionen Moose, Flechten, Gräser und besonders winterharte Kräuter und Zwergsträucher. Entsprechend an diesen kargen Pflanzenbewuchs angepasst sind auch die tierischen Bewohner der Tundra.

Der Bewuchs wird höher

Doch allmählich bahnt sich ein Wandel an, wie nun eine Studie belegt. Dafür hatte ein internationales Forscherteam Daten aus knapp 30 Jahren und von 117 Tundra-Standorten in Alaska, Kanada, Island, Skandinavien und Sibirien zusammengetragen und ausgewertet. Das Team um Anne Bjorkman vom Deutschen Zentrum für Integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) analysierte unter anderem die Wuchshöhe der Pflanzen, den Nährstoffgehalt der Blätter und weitere funktionale Merkmale. „Dieser Datensatz erlaubt zum ersten Mal eine für das gesamte Tundra-Biom repräsentative Untersuchung der Zusammenhänge zwischen funktionellen Eigenschaften von Pflanzen und Standortbedingungen wie Temperatur und Bodenfeuchte“, erklärt Co-Autor Stefan Dullinger von der Universität Wien.

Die Auswertung ergab: Die Pflanzenwelt der Tundra hat bereits begonnen sich zu verändern – sie wird immer höher. Zum einen liegt dies daran, dass dort heimische Pflanzenarten heute größer werden als früher. Zum anderen aber hat sich auch die Zusammensetzung der Pflanzengemeinschaft in der arktischen Tundra verändert: „Höher wachsende Pflanzenarten, die entweder aus wärmeren Gebieten innerhalb der Tundra oder aus südlicheren Regionen außerhalb kommen, haben sich in den letzten 30 Jahren in der Tundra ausgebreitet“, berichtet Bjorkmans Kollegin Nadja Rüger.

Rückkopplung mit der Erwärmung

Ursache dieses Trends zu immer größeren und höheren Pflanzen ist der Klimawandel, wie die Forscher erklären. Denn in den letzten 30 Jahren sind die Temperaturen in der Arktis um rund ein Grad im Sommer und 1,5 Grad im Winter angestiegen. Die Arktis ist damit eine der sich am schnellsten erwärmenden Regionen der Erde. Für die Vegetation bedeutet dies: Mit der Klimaerwärmung sinken die Selektionsvorteile der kleinen Pflanzen, die die wärmere bodennahe Luftschicht nutzen und sich durch ihre niedrige Wuchshöhe vor kalten Winden schützen. Weil es wärmer wird, können sich inzwischen auch größere, weniger gut an diese Bedingungen angepasste Pflanzenarten halten.

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Die Entwicklung ist jedoch noch längst nicht abgeschlossen: „Wenn sich die höherwüchsigen Pflanzen weiter wie bisher ausbereiten, könnte die Wuchshöhe von Pflanzengemeinschaften in der Tundra bis zum Ende des Jahrhunderts durchschnittlich nochmals um 20 bis 60 Prozent zunehmen“, sagt Bjorkman. Sollte sich dies bestätigen, könnte dies auch für das weltweite Klima Folgen haben. Denn um höherwüchsige Pflanzen sammelt sich im Winter mehr Schnee an, wie die Forscher erklären. Der darunter liegende Boden wird dadurch isoliert und friert im Winter nicht mehr so tief. Als Folge taut der Permafrost während des Sommers stärker auf und setzt dabei Treibhausgase wie Methan und Kohlendioxid frei – und das fördert den Klimawandel. „Obwohl es noch viele Unsicherheiten gibt, könnten die höherwüchsigen Pflanzen in der Tundra den Klimawandel sowohl in der Arktis als auch weltweit weiter anheizen“, sagt Bjorkman.

Quelle: Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, Universität Wien, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-018-0563-7

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