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Warum die Grippeviren Widerstand leisten

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Warum die Grippeviren Widerstand leisten
Die zunehmenden Resistenzen von Grippeviren gegen bestimmte Medikamente sind nicht wie bislang angenommen auf den übermäßigen Einsatz dieser Wirkstoffe zurückzuführen, hat ein internationales Forscherteam entdeckt. Vielmehr haben sich die Erreger zufällig so verändert, dass ihnen die Medikamente nichts mehr anhaben können. Zwar werden die betreffenden Wirkstoffe, darunter das früher häufig verwendete Amantadin, aufgrund ihrer Nebenwirkungen heute nicht mehr flächendeckend eingesetzt, sie sind jedoch in einigen Pandemieplänen als Reservemedikamente eingeplant. Die Entdeckung zeige nun, dass diese Strategie überdacht werden muss, erklären Lone Simonsen und ihre Kollegen.

Bis vor wenigen Jahren waren lediglich etwa zwei Prozent aller Viren vom Typ Influenza A resistent gegen Amantadin und den verwandten Wirkstoff Rimandatin. Doch dann stieg der Anteil der Viren, die nicht mehr auf die Medikamente reagierten, innerhalb von knapp drei Jahren auf über neunzig Prozent, und das nahezu weltweit. Dafür verantwortlich gemacht wurde bisher ein Mechanismus, dem auch die steigende Zahl an antibiotikaresistenten Bakterien zugeschrieben wird: Wird eine Gruppe von Erregern mit einem Wirkstoff behandelt, sterben alle bis auf diejenigen, die aus welchem Grund auch immer vor der Wirkung geschützt sind. Diese Überlebenden können sich in der Folge besser vermehren als zuvor, weil sie keine Konkurrenz mehr haben. Auf diese Weise bildet sich mit der Zeit eine Erregerpopulation, in der die resistenten Varianten dominieren, und das Medikament verliert seine Wirksamkeit.

Im Fall von Amantadin scheint dieser Mechanismus jedoch nicht der entscheidende Faktor gewesen zu sein, stellten die Forscher nach einem Vergleich von Influenza-Stämmen aus verschiedenen Ländern fest. Denn entgegen der Erwartungen war die Resistenzrate in den Ländern, in denen der Wirkstoff sehr häufig eingesetzt worden war, nicht höher als in Gegenden, in denen er praktisch gar nicht verwendet wurde. Auch zeigten alle untersuchten Viren die gleiche Erbgutveränderung, was ebenfalls gegen das Medikament als Auslöser sprach.

Die für die Resistenz verantwortliche Mutation war demnach eher eine zufällige Begleiterscheinung einer anderen genetischen Veränderung, die den Viren einen großen Überlebensvorteil brachte, schließen die Wissenschaftler. Das zeige, dass neben dem bereits bekannten Einfluss der Wirkstoffe auf die Erreger auch noch andere Faktoren ihre Empfindlichkeit gegenüber Medikamenten beeinflussen können ? ein Zusammenhang, der beim Aufstellen von Pandemieplänen unbedingt berücksichtigt werden müsse. Der weitere Einsatz von Amantadin sei folglich weder für die Prophylaxe noch für die Behandlung einer Grippewelle sinnvoll.

Lone Simonsen (NIH, Bethesda) et al.: Molecular Biology and Evolution, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1093/molbev/msm103 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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